Wir leben in einer Zeit, die von dem Mantra geprägt ist, jedes Problem hätte eine Lösung – und wahrscheinlich sogar eine technische.
Die Realität sieht anders aus. In fast allen für uns relevanten und existentiellen Herausforderungen haben wir es mit komplexen Problemen zu tun. Dann ist es weder möglich den aktuellen Zustand hinreichend zu beschreiben (mehr dazu in der Zukunft Denken Episode über Wicked Problems), noch den gewünschten Zielzustand. Es ist weiters nicht möglich die Effekte von Eingriffen (langfristig) vorherzusagen. Wir leben in diesen Situationen häufig eine Planungsillusion, die aber außer hohen Kosten und verlorener Zeit nichts bringt. Letztlich bleibt zumeist nur ein Fahren auf Sicht.
Wir hören auch eine andere Sache ungern: es gibt Probleme, die wir nicht, oder nicht mehr (vollständig) lösen können. Die Klimakrise gehört wohl dazu. Im Jahr 2017 ist ein bemerkenswert offener Artikel im Guardian erschienen, der ausnahmsweise nicht die übliche Machbarkeitsillusion vorgetragen hat: ‘A cat in hell’s chance’ – why we’re losing the battle to keep global warming below 2°C (Keine Chance – warum wir den Kampf die Klimaerwärmung unter 2°C zu halten verlieren.) Ein gutes Dutzend anerkannter Wissenschafter, Klimaforscher, Ökologen usw. kommen zu dem (leider recht offensichlichen) Schluss, dass wir bereits zu sehr in die Erd-System eingegriffen haben und die 2°C Schwelle nur mehr theoretisch halten können.
Theoretisch auch darum, weil so große Änderungen an unserer Lebenswelt in so kurzer Zeit notwendig wären, die in keinem politischen System realistisch umsetzbar und vermutlich auch instabil sind. D.h. die Medizin wäre vermutlich ebenso schlimm wie die Krankheit. In den letzten vier Jahren ist zudem nichts nennenswertes geschehen um die Emissionen zu bremsen und nach der Corona-Krise ist keine Revolution zu erwarten. Was also vor vier Jahren gegolten hat, gilt heute umso mehr.
Der Philosoph Wolfram Eilenberger sagt:
»Schon vor 30 Jahren war die Erkenntnislage wie heute.«
»Wenn man sagt, es ist ein Wettlauf mit der Zeit (‘wir haben noch diese drei Jahre...'), dann werden wir diesen Wettlauf verlieren.«
Ich weiß auch nicht genau, was die gesellschaftliche Folge dieses Erwachsenwerdens wäre, bin aber überzeugt davon, dass eine Gesellschaft, die nur in zwei Polen lebt – auf der einen Seite der Negierung auf der anderen Seite des Wunschdenkens – keine Zukunft hat.
Ein solcher Transformationsprozess benötigt leider Zeit. Die Folge wird sein, dass wir wesentliche Klimaziele nicht erreichen werden – mit allen daraus folgenden negativen, ja katastrophalen Konsequenzen. Woraus eine weitere Erkenntnis folgt: ein Vorbereiten auf das Scheitern wird neben allen anderen Maßnahmen notwendig sein.
“Die rettende Idee besteht schlicht darin, dafür zu sorgen, dass die menschlichen und Berechnungsfehler beschränkt bleiben, und zu verhindern, dass sie sich im System ausbreiten”, Nassim Taleb
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen