Mittwoch, 20. Februar 2008

Wird Dummheit durch Viren verursacht?

Ich entwickle gerade eine neue und revolutionäre Theorie die in etwa wie folgt lautet: Es gibt einen bisher noch nicht entdeckten und identifizierten Virus, der infizierte Personen verdummen lässt. Dies lässt sich sehr klar aus der Beobachtung belegen, dass sich dumme Menschen häufig in Gruppen Gleichgesinnter zu finden sind. Die Logik ist offensichtlich: Der Virus verbreiten sich durch den gegenseitigen Kontakt in Gruppen, daher verbreitet sich Dummheit entsprechend dieser Pfade.

Wer Belege für meine revolutionäre Theorie möchte, dem empfehle ich einen aktuellen Bericht: CNN online schreibt, dass alle drei republikanischen Kandidaten im Interview die Ansicht vertreten, dass die Evolutionstheorie falsch sei. Sind mehr Belege für meine Theorie notwendig? Man könnte sich auch in religiösen Gruppen umsehen, oder bei Esotherik Fans oder... Aber die ganze Debatte um die Evolutionstheorie ist leider die Krönung der um sich greifenden gesellschaftlichen Dummheit. Manchmal hat man wirklich das Gefühl, als würden Jahrzehnte/hunderte an kleinen und mühsamen Schritten folgend der modernen Wissenschaft und der Aufklärung nun in wenigen Jahren durch unfassbare Borniertheit und, ja Dummheit von Politikern, religiösen Führern und durch (bewusst) mangelnde Ausbildung vernichtet werden.

Sorry, aber diesen Frust musste ich wirklich loswerden.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

es gibt zwei lager (auch in der wissenschaft) die sich gegenüberstehn - evolution oder kreation und das ist ein reiner indizien-krieg

wer ist jetzt dumm von diesen beiden gruppen, die eine, die andere, beide oder keiner ?

es gibt keine überzeugenden beweise für die evolution (meine meinung) es ist eher eine glaubensfrage weil die endgültigen beweise einfach nicht da sind. wir sehn nur das ergebnis und können das wie nicht ergründen

oh entschuldige, wer etwas glaubt ist ja auch dumm, ... verdammt reingetappt

Alexander Schatten hat gesagt…

Nein, dies ist eben keine Glaubens- oder Überzeugungssache, und es gibt auch keinen Streit in der Wissenschaft zwischen Kreationismus und Evolutionstheorie.

Dies wird nur von Kreationisten behauptet die sich auf religiöse Offenbarungen (direkt oder indirekt) beziehen. Sie versuchen eine wissenschaftliche Diskussion darzustellen indem sie mit den absurdesten und unhaltbarsten Ideen versuchen seriöse Wissenschafter zu einer Gegendarstellung zu bewegen (so wie Sie das auch jetzt geschafft haben): Damit versuchen sie dann zu Behaupten es gäbe eine wissenschaftliche Diskussion, wo es de facto keine gibt.

Natürlich gibt es in Details (innerhalb der Biologie) Diskussionen, aber die Evolutionstheorie substantiell zu bezweifeln ist ähnlich sinnvoll wie die Quanten- oder Relativitätstheorie anzuzweifeln.

Natürlich ist es in der Wissenschaft immer erlaubt eine Theorie anzuzweifeln, aber (1) nur dann wenn man stichhaltige Argumente hat und sich mit der gängigen Theorie auch beschäftigt hat und eingermassen auskennt und (2) sollte man eine adäquate Alternative vorzeigen können.

Beides ist nicht vorhanden: (1) gibt es keine Anhaltspunkte dass die Evolutionstheorie substantiell falsch wäre, es gibt genau das Gegenteil: Belege von der Biologie bis zur Genetik, Medizin, ... (Interessanterweise sind in den USA ja auch z.B. DNA Fingerprinting bei Gericht usw. zugelassen, obwohl diese Methoden und viele anderen auf der Idee der Evolution aufbauen! Und wenn es nach den rechten Politikern geht, wollen Sie zwar gerne Verbrecher anhand von Hinweisen auf Basis der Evolutionstheorie einsperren, sie wollen Medikamente verwenden die auf dieser Basis entwickelt wird, aber ihre Kinder sollen das nicht lernen. Hut ab! Wenn das keine Dummheit ist, dann weiß ich nicht weiter.)

(2) Sind Kreationismus oder Intelligent Design keine Theorien die irgendwelche sinnvollen wissenschaftlichen Aussagen oder Vorhersagen ermöglichen, schon gar nicht in dem Umfang oder Detail wie die Evolutionstheorie.

ID und Kreationismus sind schlicht und ergreifend, und das muss man eindeutig und klar aussprechen: Unsinn.

Ich ersuche den Autor des Kommentars sich ein wenig mit den Grundzügen der Biologie, Genetik, Geologie auseinanderzusetzen bevor völlig haltlose und irreführende Behauptungen aufgestellt werden.

Anonym hat gesagt…

1. Ich werde mir deinen Rat zu Herzen nehmen und mich dann nochmal melden

2. Eine "Theorie" ist de facto eine Vermutung zur Lösung eines vorhandenen Problems oder seh ich dass falsch !?

3. du stellst die Evolutions"theorie" dar als wäre sie zweifelsfrei eine bewiesene Tatsache und dass ist sie nunmal nicht

bis bald

Alexander Schatten hat gesagt…

Ich habe explizit geschrieben, dass jede wissenschaftliche Theorie hinterfragt werden kann und SOLL.

Das Problem ist aber, dass Kreationismus eben keine wie immer geartete sinnvolle Theorie ist, und dass die "Kritikpunkte" die die Kreationisten aufzuwarten haben praktisch alle so vollkommener Unfug sind, dass ähnliche Kritik in anderen Wissenschaftsbereichen nichteinmal ignoriert würde.

Das hat das Niveau der "Genies" die das tausendste Perpetuum Mobile erfunden haben, und damit Physiker quälen.

Natürlich haben sie kein Perpetuum Mobile erfunden sondern immer etwas grundlegendes übersehen.

Nur eben als ein Beispiel: irgendjemand behauptet, er hat ein Perpetuum Mobile erfunden, kann aber keinerlei ernsthafte Beweise bringen. Behauptet aber die Physik müsste nun geändert werden.

Würden wir das als ernsthafte Diskussion im Rahmen der Physik ansehen?

Kaum.

Auf demselben Niveau spielt sich Intelligent Design und Co ab (eher noch tiefer, denn der Perpetuum Mobile Bauer hat sich wenigstens oberflächlich mit Physik beschäftigt, was man von den ID Leuten nicht behaupten kann). Der einzige Grund warum darüber überhaupt diskutiert wird ist, weil leider die religiöse Rechte dies als Vehikel verwendet um Wissenschaft zu attackieren und um an Boden zu gewinnen.

Ich empfehle z.B. folgendes: Break the science barrier: Da kann man u.a. beobachten, wie sich ein amerikanischer Gouverner zum Clown macht und behauptet, wenn man etwas über den Menschen wissen möchte, braucht man keine Evolutionstheorie sondern nur das Buch Genesis.

Auf DIESEM Niveau findet die "wissenschaftliche" Auseinandersetzung statt...

Anonym hat gesagt…

Nun, ich hab mir etliches durchgelesen und angeschaut, auch den Film (dein link). Was mir da nicht gefällt ist schon der Anfang:

The world is about 4.5 billion years old. Pretty soon, well in the first billion years or so, the first living cell arose (so ein zufall wo ist der Beweis daß das so passiert ist oder passieren konnte ?!) and from that we are all descendet. All plants, all animals, all humans. (aus einer Zelle ?!) That's an established fact, there all cousins. (genetisch gesehen ja, der Rest davor wohl kaum außer für das "wissenschaftliche" Establishment. Nur weil die Mehrheit etwas glaubt oder akzeptiert ist es noch lange keine Tatsache wie die im folgenden herangezogenen beweisbaren Fakten) Scientists accept it (nicht alle siehe unten) just as they accept that the world is round and not flat and it orbits the sun not the other way arround. (das akzeptieren wirklich alle ist auch beweisbar und damit als Vergleich zur Akzeptanz einer Theorie unakzeptabel) Not to believe it, would be absurd (jetzt sind wir schon wieder beim Glauben angekommen und gleichzeitig wird jeder Zweifler als Idiot abgestempelt oder der Lächerlichtkeit preisgegeben um es nicht so hart auszudrücken, sehr unwissenschaftlich)

Später in seinem Vortrag geht er auf die Menge an kritischen Wissenschaftlern ein: ...in fact the proportion of qualified scientists who do not accept the evolution is tiny. (womit seine "der apfel fällt nach unten" Akzeptanz unter Wissenschaftlern von ihm selbst widerlegt wird, denn wenn es so offensichtlich wäre, würden es alle akzeptieren und das würde vorraussetzen es ist beweisbar und nachvollziehbar in jeder Hinsicht, was nicht so ist)

Gibt es von R. Dawkins auch eine Ausseinandersetzung mit den von Ihm erwähnten "Ungläubigen" aber qualifizierten Wissenschaftlern und Ihren Argumenten ? Das würde mich interessieren. Hab ich auf die Schnelle nichts gefunden.

Sind wir wieder beim Glauben, so oder so.

http://www.ge-li.de/evolution-wissenschaft.htm

Sag mir doch bitte was dir daran nicht gefällt. Ich finde die Argumentation objektiv auch wenn die Schlußfolgerung einseitig ist, aber das trifft auf die andere Seite auch zu.

Alexander Schatten hat gesagt…

Ich möchte mich nicht widerholen, aber nochmals in Kürze: Dawkins hat mit dem was er sagt Recht, er muss natürlich in einer Fernsehsendung Dinge auch verkürzen. Der Punkt ist: Die Evolutionstheorie ist abertausendfach auch aus verschiedensten Disziplinen heraus bestätigt, so sehr eine Theorie nur bestätigt sein kann.

Natürlich kann ich der Ansicht sein, die Erde ist 6000 Jahre alt, und jedes einzelne Lebewesen so wie es ist von Gott geschaffen und die Sonne dreht sich um die Erde. Und warum? Weil es in einem 2000 Jahre alten Buch steht.

Ich darf dann aber nicht erwarten ernst genommen zu werden.

Ein wesentliches Problem ist, dass viele in diesem Bereich aus Unwissen oder "Ungläubigkeit" argumentieren. So hört man oft Aussagen wie "das kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Grad an Komplexität in der Evolution entstanden ist" oder "das Auge ist so komplex und kann gar nicht in einzelnen Schritten entstehen" usw.

Das Problem dabei ist: nur weil sich irgendjemand etwas nicht vorstellen kann oder es nicht versteht, bedeutet das nicht, dass er mit seiner "Kritik" (es ist ja nichtmal Kritik, sondern zeigt nur fundamentales Unverständnis, oder Unwillen sich mit der Realität auseinanderzusetzen) in irgendeiner Weise recht hat. Es wurde wirklich oft genug gezeigt, dass diese Komplexität entstehen kann, durch rein evolutionäre Schritte, und auch dass das Auge durch kleine Schritte evolutionär entstehen kann (und in vielen Zwischenschritten in verschiedensten Lebewesen zu finden ist), man muss sich nur bequemen die entsprechende Literatur zu lesen.

Kaum jemand würde sich trauen die moderne Quantentheorie in einer Weise zu beschießen wie die Evolutionstheorie. Dabei sitzt die Evolutionstheorie mindestens so stark im Sattel wie die Quantentheorie. Warum ist das so? Vermutlich deshalb weil viele die Quantentheorie nicht mal im Ansatz verstehen und v.a. weil sie glauben sie hätte keinen Einfluss auf ihren Glauben, im Gegensatz zur Evolutionstheorie: Diese glauben sie zu verstehen (was nicht zutrifft) und sie hat Konsequenzen für den Glauben, oder jedenfalls für dogmatisch überlieferte Lehre.

Hier zeigt sich vielleicht eine interessante Übereinstimmung: Die Quantetheorie ist auf fundamentaler ebene für uns an makroskopischen Dingen kognitiv geschulten Wesen unverständlich "widersprüchlich" und seltsam; die Evolutionstheorie erscheint manchen Menschen, die sich nur oberflächlich damit beschäftigen auch unverständlich. Das ist einfach das Problem, dass wir es nicht mehr gelernt haben über unseren Horizont zu blicken: wir haben Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass es Dinge gibt die jenseits unserer kindlichen makroskopischen Welt und jenseits unserer Lebensspanne von ein paar Jahrzehnten liegen. Die Quantentheorie spielt in unglaublich kleinen Dimensionen, die Evolutionstheorie in (für uns) unglaublich langen Zeiträumen. Das ist für manche schwierig zu begreifen.

Was ist die aber leider oft die Konsequenz?

Es kann nicht wahr sein was nicht wahr sein darf (Weil ich es nicht verstehe). Punkt.

Es fällt wirklich sehr schwer sich damit immer wieder auseinanderzusetzen: denn eines darf man nicht vergessen: die religiösen Fanatiker sind zwar nicht gewillt sind sich ernsthaft mit der Realität auseinanderzusetzen, wenn sie dem widerspricht was in irgendeinem alten Buch steht, verfügen dafür aber leider (wieder) über erhebliche finanzielle Mittel und leider immer mehr auch an politischem Einfluss, die/den sie in bester Tradition der Propaganda einsetzen um Menschen, die sich leider auch nicht viel mit Wissenschaft auseinandergesetzt haben, zu verwirren.

Und da liegt die eigentliche Katastrophe: Wir denken heute, dass es nicht mehr wichtig ist ein wissenschaftliches Grundwissen zu besitzen. Wir lernen alle möglichen Dinge in der Schule, und begeistern unsere Kinder und Jugendliche mit allem möglichen, aber sie erhalten kaum eine nennenswerte wissenschaftliche Bildung. Und sie lernen v.a. auch das kritische Denken kaum mehr. Was bei Google als erster Treffen herauskommt oder in Wikipedia oder Bild/Krone steht (oder vom Pfarrer/Governer gesagt wird) wird nicht mehr hinterfragt.

Vor wenigen Tagen lese ich im Supermarkt die Kronen Zeitung Titelseite "Wir haben fast drei Millionen Leser"; Gratulation! Wie kann man die Infantilisierung der Gesellschaft besser und prägnanter ausdrücken?

Gerade in unserer komplexen und komplizierten Welt wäre aber eine gute Kenntnis elementarer wissenschaftlicher Begrifflichkeiten so wichtig. Ansonsten sind wir anfällig auf jede mögliche Irrationalität der wir im Alltag begegnen: Wir können kaum zwischen guten und schlechten Informationen am Web mehr untescheiden, glauben an Homöopathie und haben tatsächlich immer noch Astrologie-Shows in allen möglichen Publikationen. Ah, ja, genau: und wir glauben, dass an Intelligent Design etwas dran sein könnte.


Schöne neue Welt. So hätte sich nicht einmal der alte Orwell 2008 ausgemalt...


p.s.: Übrigens weitere Empfehlung: Jetzt in den SWR2 Wissen/Aula Podcasts "Was die Welt im innersten zusammenhält" launig vorgetragen von Harald Lesch. Alle drei Folgen sind hörenswert; in der dritten präsentiert er die Evolutionstheorie als fundamentales Prinzip moderner Wissenschaft.

Noch etwas, wenn dir die Videos zu flach waren: Lies von Dawkins: "A River out of Eden", ein umstrittenes aber gut zu lesendes Buch (ich schätze es sehr, aber diese Interpretation der Evolutionstheorie ist tatsächlich umstritten) oder vielleicht besser: "The Blind Watchmaker", in diesem Buch, da bin ich wirklich überzeugt, werden deine Fragen in allen Details behandelt.

Alexander Schatten hat gesagt…

Noch ein Zitat zum Abschluss von Ira Flatow dem Moderator der ausgezeichnetn Wissenschaftssendung "Science Friday", die als Podcast verfügbar ist:

"There is one thing I have discovered: You can't change anybody's mind once it's really made up. Now, if you believe, that the earth was created in 6 days, if you believe that the Grand Canyon and the fossils was created by the flood, if you believe that the earth is 6000 years old, there's no amount of science that I can bring to you and show you that is gonna change your mind. You will pick out of the arguments that I make stuff to back up your own notions about how the world works."

Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)