"Rosalinds science came always straight from the heart.", Brenda Maddox
Schon als Kind ein "Geek"?
Rosanlind wurde am 25. Juli 1920 als jüngstes von sechs Kindern geboren. Ihr Vater war Unternehmer und Patriarch – sowohl in der Familie, wie auch im Unternehmen. So erlaubt er beispielsweise keine weiblichen Angestellten in seiner Firma. Zum Rollenverständnis passte, dass Rosalind als Sechsjährige als "alarmierend gescheit" bezeichnet wurde – und das war nicht unbedingt als Kompliment gemeint. Dennoch hatte Rosalind eine behütete Kindheit. Die finanzielle Situation der Eltern erlaubte auch viele Reisen. Eine Leidenschaft, die Rosalind über ihr ganzen Leben begleiten wird.
Trotz der traditionellen Einstellung in der Familie, wurde Rosalind auf eine vergleichsweise progressive Schule (St.Pauls) geschickt. Diese Schule war vom Motto geleitet, eine gescheite Frau solle ihr Talent nicht verschwenden. Schon mit 16 interessierte sie sich besonders für die Naturwissenschaften Chemie, Physik und auch Mathematik. Auf Tanzveranstaltungen fühlte sie sich deplatziert. Nach heutigem Verständnis würde man sie vielleicht als prototypischen Geek bezeichnen.
Sie mag wenig Interesse an Burschen gehabt haben, war aber nicht zurückgezogen oder schüchtern, sondern vielmehr scharfzüngig und offen. Auch dies sind Eigenschaften, die sie in ihrem weiteren Leben begleiten, und so manche Konflikte nicht einfacher machen werden.
Ihr letztes Schuljahr war von Hitlers Machtübernahme (1936) und dem entsprechenden Widerhall in London überschattet. Die politische Situation hatte auch direkte Auswirkungen auf ihre Familie, denn ihr Vater nimmt zwei österreichische Kinder auf. Eines davon ist ein Mädchen, deren Vater ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden war.
Nach Cambridge
Kurz vor ihrem 18. Geburtstag machte sie die Aufnahmeprüfung in Cambridge. Damals gab es noch eine strikte Trennung zwischen Frauen und Männern. Für Frauen standen nur zwei Colleges zur Verfügung: Girton und Newnham. (Während alle Colleges – auch Girton – in Cambridge heute für Männer und Frauen offen stehen, ist das Newnham-College nach wie vor ein Undergraduate-College das nur Frauen aufnimmt.) Beide Colleges boten ihr einen Studienplatz an und sie entscheidet sich für Newnham. Trotz der Tatsache, dass es Colleges für Frauen gab, waren Frauen in den 1930er Jahren im akademischen Umfeld stark benachteiligt. So gab es eine generelle Quote nach der maximal 10% der Undergraduate Studeten weiblich sein durften.
Franklin galt als ausgezeichnete Studentin und erlangte – auch wenn sie fallweise an ihren eigenen Leistungen zweifelte – sehr gute Noten. Schon während ihres Studiums lernte sie die noch recht neue Technik der Röntgenstrukturanalyse kennen. Dabei werden Kristalle mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Diese Röntenstrahlen werden von den Atomen abgelenkt und hinterlassen Muster auf fotografischen Platten. Allerdings wurde diese Methode Ende der 30er Jahre hauptsächlich auf kleine Kristallstrukuren wie bspw. Kochsalz angewandt. Franklin wird einen großen Teil ihrer späteren Forschung mit dieser Methode arbeiten und sie auf wesentlich komplexere Moleküle anwenden.
Krieg in Cambridge
Während des zweiten Weltkrieges wird auch Franklin für "kriegswichtige" Tätigkeiten verpflichtet, wie der Suche nach ausbrechenden Feuern währen Bombenangriffen. Cambridge wird allerdings von den Deutschen nie bombardiert. Sie setzt ihr Studium fort und liest unter anderem Linus Paulings Standardwerk über chemische Bindungen. Sie beschäftigte sich auch mit der Faltung von Proteinen, sowie mit Viren, die Kristalle bilden können. Diese Kenntnisse werde weitere wesentliche Eckpunkte ihrer späteren herausragenden Forschungstätigkeit.
Franklin betrieb auch regelmässig Sport. Sie ruderte, spielte Hockey, Squash und Tennis und fuhr Rad. Auch war sie durchaus auf ihr Aussehen und Auftreten bedacht, zeigte aber auch am College wenig Interesse an männlichen Bekanntschaften. War sie davon überzeugt im Recht zu sein, wich sie im beruflichen Umgang Konfrontationen auch mit (männlichen) Autoritäten nicht aus. Ihr direkter Stil und die oftmals harte Art in Diskussionen machen ihr das Leben nicht immer leicht.
Während des Krieges war es für sie trotz ihrer Fähigkeiten schwer eine vernnünftige, ihr angemessene Position in der Forschung zu finden. Schliesslich ging sie in die Kohleindustrie und arbeitete dort in einem sehr gut ausgestatteten Labor.
Politisch war sie im Gegensatz zu anderen Wissenschaftern (wie Bernal) moderat und sowohl vom Faschismus, wie auch von der Gegenbewegung (dem Pazifismus) abgestossen. Schon diese moderat linke politische Position war aber für ihren Vater schockierend.
Die beste Zeit ihres Lebens – Frankreich
Mit einer Freundin verbrachte sie unmittelbar nach dem Krieg einen Urlaub in Frankreich. Sie liebte das Land, die Sprache, die Menschen und auch das Essen. Da kam ein Job-Angebot in Paris, im Labor von Jacques Mering, äußerst gelegen. Mering erkannte die Fähigkeiten Franklins sehr schnell. Sie nahm den Job an und vertiefte ihre Kenntnisse in Röntgenstrukturaufklärung, arbeitete dabei aber weiterhin an Kohle. In Paris fühlte sie sich wohl. Sie war lebensfroh und unternahm viel mit Freunden. Sie wird diese Jahre später als die beste Zeit ihres Lebens bezeichnen. Auch wissenschaftlich begann sie sich langsam auch international einen Namen zu machen.
Franklin fühlte sich auch zu Mering hingezogen und ihre Gefühle wurden wohl erwidert. Aber Mering war noch verheiratet und dachte offenbar nicht an eine Scheidung. Beide scheinen keinen Ausweg aus dieser Situation gefunden zu haben, und so zog sich Franklin zurück.
London – Konfliktreiche Forschung am King's College
1949 bewarb sie sich (wie auch Francis Crick) für Birkbeck unter Bernal, wird aber (ebenso wie Crick) abgelehnt. Crick ging nach Cambridge. Sie blieb noch in Paris, ließ sich von der Ablehnung aber nicht beirren und konzentrierte sich weiter auf ihre Arbeit. 1950 veröffentlichte sie ihren ersten Artikel in der angesehenen Fachzeitschrift Nature.
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Rosalind Franklin
(C) Cold Spring Harbor Laboratory
Library & Archives |
1951 schliesslich erhielt sie ein Angebot ans Kings College London unter John Turton Randall zu kommen. Sie nimmt an, verlässt Paris aber nur sehr ungern. In einem Brief schriebt sie: "Ich kann das immer noch nicht glauben, dass ich nächsten Jänner [aus Paris] weggehen werde. [...] Ich bin mir sicher, das ist der größte Fehler meines Lebens." Aus persönlicher Sicht mag sie damit Recht gehabt haben, aus wissenschaftlicher Sicht bringt ihr Wechsel ein neues Arbeitsgebiet in dem sie wesentliche Beiträge liefern wird.
Bereits im Jahr 1951 hatte das Team im King's College große Fortschritte in der Aufklärung der DNS gemacht. War sie bisher hauptsächlich in der Kohleforschung tätig, so begann Franklin sich nun mit den Prinzipien des Lebens auseinanderzusetzen. Ziel war es, biologische Phänomene auf der Basis chemischer und physikalischer Prinzipien zu erklären. Diese Arbeit ist auch motiviert von den Erkenntnissen Erwin Chargaffs und dem Buch Erwin Schrödingers, "Was ist Leben". Beide waren übrigens Österreicher, die wie so viele, nach der Machtübernahme Hitlers das Land verlassen haben.
Auch Maurice Wilkins (einer der Nobelpreisträger des Jahre 1962) arbeitete am selben Institut, in das Franklin nun wechselt. Gerade zu der Zeit aber, wo sie ans Institut kam, war er abwesend. Diese Abwesenheit mag einer der Gründe dafür gewesen sein, dass die Aufgaben und Rollen der beiden nicht von Anfang an klar definiert worden waren. Daraus entwickelte sich eine Beziehung zwischen Wilkins und Franklin, die nicht einfach zu verstehen ist. Beide arbeiteten an sehr ähnlichen Themen, und Wilkins sah sich (nicht ganz zu unrecht) als der Senior. Er arbeitete schon länger mit Randall zusammen (er ist seit 1946 am Biophysics Lab im King's College). Auch war ihm wohl zunächst nicht klar, welche Leistungen Franklin bereits in Paris erbracht hatte. Franklin brachte ihre Erfahrung in der Röntgenkristallographie ans King's College und verbesserte dort die Methodik weiter. Kurz gesagt: ihre Expertise in diesem Bereich übertraf die der Kollegen, und auch die von Wilkins.
Wilkins sah sich dennoch in höherer Position (was formal auch zutreffend war), Franklin hingegen sah sich als gleichgestellt. Eine Mitverantwortung für diese Probleme lag vermutlich auch beim Laborleiter Randall. Er galt als erstklassig im Auftreiben von finanziellen Mitteln für Labor und Mitarbeiter, andererseits definierte er Arbeitsbereiche und Verantwortungen nicht klar genug. Vor diesem Hintergrund sollte man die Konflikte zwischen Wilkins und Franklin sehen. Man muss Randall aber zugute halten, dass er Frauen sehr gute Karrieren ermöglichte. In den 1950er Jahren war dies noch eine Seltenheit an Universitäten. Trotz aller Probleme trafen Franklin und Wilkins sich noch längere Zeit regelmässig um über ihre Arbeit und auch andere Dinge zu sprechen.
Während Franklin im Labor als zurückhaltend galt, taute sie im privaten Umfeld auf. Sie war auch eine sehr interessierte Köchin, vor allem an der Küche des "Kontinents" interessiert. Sie lud regelmässig Freunde ein, denen sie französische und italienische Gerichte aufwartete. Eine klare Trennung dieser privaten von der beruflichen Seite war ihr wichtig. Wilkins war, soweit bekannt ist, nie Gast einer dieser privaten Einladungen. Er kannte wohl nur die professionelle Franklin.
Die Beziehung zwischen Franklin und Wilkins verschlechterte sich zunehmend, obwohl Wilkins Anstrengungen unternahm diese zu verbessern (Schokolade als Geschenk war einer der trivialeren Bemühungen). Neben den bereits genannten Gründen für den Konflikt, kam noch dazu, dass beide über ein sehr unterschiedliches Temperament verfügten. Franklin neigte in fachlichen Dingen zu hitzigen Diskussionen, während Wilkins als eher ruhig und zurückhaltend galt. Er fühlte sich des öfteren vom Stil der Auseinandersetzung überfahren. Somit hatte Franklin vermutlich auch einen nennenswerten Anteil an der verfahrenen Situation.
Der Konflikt eskalierte nach einer Konferenz (organisiert von Max Perutz) in Cambridge: Wilkins stellte seine neuesten Ergebnisse der Untersuchung der DNS vor. Nach dem Vortrag forderte Franklin ihn auf, seine Arbeit an der DNS einzustellen, denn sie sah dieses Feld als ihre Domäne an. Ein Grund für Franklins Ausbruch mag an einer Zusicherung Randalls gelegen haben: In einem Brief hatte er deutlich gemacht, dass alleine Franklin an der Röntgenkristallographie der DNS arbeiten würde. Eine Zusage, die sie nun gebrochen sah. Die Hintergründe und Motive solcher Auseinandersetzungen sind im Nachhinein schwer zu durchschauen und werfen meines Erachtens nach kein sehr gutes Licht auf alle beteiligten Persönlichkeiten.
1951 fuhr Franklin gemeinsam mit Dorothy Hodgkin auf eine Konferenz nach Stockholm und traf dort auf Linus Pauling. (Dorothy Hodgkin arbeitete in Oxford ebenfalls an der Strukturaufklärung komplexer biochemischer Substanzen und erhielt im Jahr 1964 für ihre Arbeiten den Nobelpreis für Chemie.) Pauling war einer der führenden Chemiker der Zeit, der auch wusste sich zu präsentieren. Aber auch J. D. Bernal von Birkbeck besuchte diese Konferenz, dessen Dissertantin Hodgkin gewesen war. Der Vortrag Bernals beeindruckte Franklin.
A- und B-Form der DNS - ein Durchbruch
Die Arbeit an der DNS geht weiter. Wilkins Untersuchen und die Berechnungen ihres Kollegen
Alec Stokes legten nahe, dass die DNS die Form eine Helix (zylindrische spirallform) hat. Franklin arbeitete ebenfalls intensiv an dem Problem, war aber offenbar zu dieser Zeit noch nicht von der Helix-Form überzeugt. (Zumindest legen dies die Aussagen von
James Watson nahe.) Allerdings machte sie eine andere bedeutende Entdeckung: sie stellte fest, dass es zwei Formen der DNS gibt. Die eine Form nannte sie
B-Form (hydriert, "nass"), die andere, die "trockene" Variante, die
A-Form. Der Grund, warum bisher keine wirklich scharfen Aufnahmen der DNS gelungen waren, lag daran, dass immer eine
Mischung beider Formen gemessen worden waren. Es gelingt Franklin und
Ray Gosling diese beiden Formen zu trennen und sehr scharfe Aufnahmen anzufertigen. Ihr Kollege Aaron Klug (Nobelpreisträger für Chemie 1982) ist in einem
Interview davon überzeugt, dass Franklin nur einen Schritt von der Aufklärung der DNS-Struktur entfernt war.
Wilkins sieht diese Erfolge und schlägt Franklin vor, gemeinsam mit ihm und Stokes an der Aufklärung der Struktur zusammenzuarbeiten. Diese Idee war für Franklin aber ein rotes Tuch. Sie explodiert. In diesem Labor fühlte sie sich ohnedies wie das fünfte Rad am Wagen; diese Erfolge sind ihr alleine gelungen und sie hatte nun den Eindruck, der ranghöhere Wilkins möchte sich mit ihren Ergebnissen schmücken. Sie fühlte sich nicht anerkannt und schwankt zwischen Wut und Verzweiflung und spielt mit dem Gedanken das Labor zu verlassen. Randall erkannte die Eskalation des Konfliktes und forderte in einer Aussprache, dass Franklin alleine an der A-Form, Wilkins an der B-Form der DNS arbeiten sollen. Damit gelangte aber auch die Kommunikation zwischen Franklin und Wilkins endgültig an ein Ende.
Franklin arbeitete weiter sehr produktiv – wenn auch in Isolation – während Wilkins öfter nach Cambridge fuhr und dort den Kontakt zu Francis Crick und James Watson suchte. Während andere an Modellen der DNS arbeiten, sah Franklin die Zeit dafür noch nicht gekommen – es mangle noch an experimentellen Daten. Am 21. November 1951 präsentierte Franklin bei einem Kolloquium am King's College einen Zwischenstand ihrer Arbeiten. Im Auditorium war auch James Watson. In Folge dieses Treffens bauten Watson und Crick erste (noch falsche) DNS-Modelle, die von Franklin auch in deutlichen Worten kritisiert wurden.
Franklin werden die Konflikte und die Situation im Labor zu viel. Sie versuchte sogar (vergeblich) ihren alten Job in Paris wiederzubekommen. Trotz ihrer Unzufriedenheit im King's College arbeitete sie hart an den DNS-Proben und ihre Aufnahmen wurden immer besser. 1952 besuchte sie Dorothy Hodgkin (eine herausragende Kristallographin) in Oxford. Sie beneidet Hodgkin um deren gute Arbeitsatmosphäre. Hodgkin zeigte sich begeistert von der Qualität ihrer Bilder und unterstützte Franklin bei der komplexen kristallographischen Interpretation der Aufnahmen.
Franklins Stimmung besserte sich, als sie erfuhr, dass sie im Team von J. D. Bernal in Birkbeck arbeiten könne und Radall dem Wechsel zustimme. Im Jänner 1953 – sie war immer noch im King's College – sprach es sich in London herum, dass Linus Pauling und Robert Corey angeblich die Struktur der DNS aufgeklärt hätten. Franklin schrieb sofort Corey und bat um Details. Ende Jänner hielt sie wieder einen Vortrag, den auch Maurice Wilkins und James Watson besuchten. Watson erzählte Franklin Details über das Modell Paulings und erklärte, wo seiner Ansicht nach Fehler steckten. Mit der Ankündigung Paulings ist das Rennen um die Struktur in eine heiße Phase gelangt. Pauling galt als einer der bedeutendsten Chemiker, und somit war es nach Ansicht vieler nur eine Frage der Zeit, bis Pauling das Problem gelöst hatte. Auch Franklin versuchte nun angestrengt eine Lösung zu finden.
Im Jänner zeigte Gosling (der mit Franklin zusammenarbeitete und an seiner Doktorarbeit schrieb) Franklins berühmte Aufnahme 51 Maurice Wilkins. Dies war in keiner Weise ungewöhnlich, denn Wilkins war Vize-Direktor des Institutes und derartige Ergebnisse (vor allem auch als Teil einer Doktorarbeit) wurden nunmal intern diskutiert. Kritisiert wird aber immer wieder die Tatsache, dass Wilkins diese Aufnahme ohne das Wissen Franklins auch James Watson zeigte. Watson war kein Mitglied des Forschungsteams. Für ihn war gerade diese Aufnahme das fehlende Puzzlestein zur Lösung der DNS-Strukturaufklärung.
Der Artikel von Linus Pauling erschien im Februar in Nature. Franklin war sofort klar, dass Pauling sich irrte und schrieb ihm dies auch in einem Brief. Pauling aber war unbeeindruckt und blieb bei seinem Vorschlag.
Ohne Franklins Wissen, arbeiteten Watson und Crick schon seit über einem Monat, unter anderem mit den Informationen aus ihrer Aufnahme 51, intensiv an der DNS. Ende Februar, nachdem sie einige andere Arbeiten fertiggestellt hatte, begann sie selbst dieses Bild auszuwerten und kam zu der Erkenntnis, dass es sich um eine Helix aus zwei Ketten handeln müsse. Sie war fast am Ziel angelangt. Allerdings gelang es ihr zu diesem Zeitpunkt nicht, andere wesentliche Teile des Modells (die Basenpaarung) richtig darzustellen.
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RAF-Bar im "The Eagle" Pub in Cambridge |
Der Legende nach hat Francis Crick am 28. Februar 1953 im Pub "The Eagle" verkündet, das Geheimnis des Lebens gefunden zu haben. Die relevante wissenschaftliche Publikation erfolgte kurz darauf in Nature. Franklins (unfreiwilliger) Beitrag wurde dort immerhin erwähnt: Watson und Crick schreiben, dass sie von unveröffentlichten Arbeiten des King's College und den Ideen von Wilkins und Franklin angespornt wurden.
Aufnahme beim "Weisen" am Birkbeck College
Als Franklin das Kings College verlässt schreibt Maurice Wilkins an Watson und Crick: "... unsere dunkle Dame verlässt uns diese Woche." ("... our dark lady leaves us this week.")
Der Wechsel zu Bernal ans Birkbeck College war für Franklin ein wichtiger Befreiungsschlag. Zum Abschied sagte sie selbst: "Ich bin hier nicht gewollt – wir [sie und Wilkins] waren nie in der Lage zusammenarbeiten. Es ist unmöglich für mich hier zu bleiben." So arbeitete sie von Mitte März 1953 bis zu ihrem frühen Tod 1958 am Birkbeck College, wo sie sich wieder der Untersuchung von Viren (wie dem Tabakmosaik-Virus) zuwandte.
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Rosalind Franklin im Labor 1954
(c) Henry Grant Collection / Museum of London |
J. D. Bernal war schon zu Lebzeiten eine Legende und galt als Universalgelehrter. Bernals Begabung lag aber auch darin, hoch-begabte junge Wissenschafter anzuziehen, exzellente Teams zu formen und Finanzierung für diese Teams zu beschaffen. In der konkreten Arbeit überlässt er sie dann sich selbst. Im Grunde ein Rezept für Erfolg, denn in der Auswahl und Zusammensetzung der Teams liegt der wesentliche Baustein für erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit. Hochmotivierte Wissenschafter benötigen in der Regel niemanden, der ihnen täglich die Hand führt.
In dieser Zeit war Franklin auch schon international bekannt und wurde zu zahlreichen Vorträgen eingeladen, so auch in die USA. Diese Reise gestaltete sich aber aufgrund finanzieller Probleme als schwierig. Bernal unterstützte die Reise, zumal er selbst aufgrund seiner politischen Ansichten nicht in die USA einreisen konnte. Franklin hielt zahlreiche Vorlesungen, wurde allerdings aufgrund ihrer Expertise in der Kohleforschung eingeladen. Sie traf auch wieder mit James Watson zusammen, mit dem sie eine gute Gesprächsbasis aufbaut und ihre Arbeit am Tabakmosaikvirus diskutierte.
In Birkbeck fand sie endlich in Aaron Klug einen gleichgesinnten Arbeitspartner. Trotzdem galt sie auch in Birkbeck eher als Aussenseiterin. Einerseits aufgrund ihrer forschen Art, andererseits wegen der im Labor vorherrschenden politischen Einstellungen. Viele im Team Bernals waren Kommunisten. Sie selbst engagierte sich nicht politisch. Manche der Kollegen waren wohl auch der Ansicht, dass sie aufgrund ihrer familiären Herkunft einer anderen Klasse angehörte, einer, die sie im Grunde bekämpften. Dennoch war ihre Position in Birkbeck wesentlich stärker als im King's College, nicht zuletzt auch wegen des Respektes, den Bernal ihr entgegenbrachte. Sie baute ein starkes Team auf und arbeitete auch wieder mit dem nach England zurückgekehrten Watson zusammen.
Auch ihr Verhältnis mit Francis Crick und dessen Frau Odile war sehr gut. Sie unternahm mit beiden nach einer Konferenz in Madrid 1956 sogar eine Tour durch Spanien.
Zu früher Tod
Nach der Rückkehr von einer weiteren ausgedehnten Reise im Jahr 1956 in die USA, stellte man bei ihr zwei große Tumore in den Eierstöcken fest. Sie unterzog sich sofort einer Operation. Heute wird vermutet, dass möglicherweise mangelnder Strahlenschutz im Umgang mit den Röntgenstrahlen eine Ursache für die Erkrankung gewesen sein könnte.
Zurück am Birkbeck College erhielt sie unter anderem von James Watson (aus den USA) einen Brief mit Genesungs-Wünschen. Sie selbst hielt sich nicht lange mit ihrer Krankheit auf, sondern setzte ihre Forschung energisch fort. 1957 hatte sie aufgrund ihrer Erkrankung aber oft nur mehr die Energie halbe Tage zu arbeiten. Die Behandlungen waren leider nicht erfolgreich und der Krebs kehrte zurück. Es folgen weitere endlose Untersuchungen und Therapien. Als sie ihren Arzt nach einer klaren Prognose fragt, machte er ihr unmissverständlich klar, dass er keine Hoffnung sähe. Sie selbst setzte ihre letzte Hoffnung auf eine neue Cobalt-Strahlentherapie, behielt aber auch dies weitgehend für sich und arbeitete immer noch im Labor.
Die weitere Finanzierung ihres Teams bereitet ihr große Sorgen und sie versuchte unerlässlich diese Probleme noch zu lösen. Die Erkrankung traf sie selbst und ihre Forschungsgruppe am Zenit der Leistungsfähigkeit. So kam etwa
Max Perutz persönlich nach London um Franklin und Klug einzuladen, ihre Arbeit im neu gegründeten Labor in Cambridge fortzusetzen.
Ende 1957 wurde ihr klar, dass sie keinen Sieg über ihre Krankheit erringen würde. Sie setzt ihr Testament auf. Da sie wusste, dass Aaron Klug mit Frau und Sohn unter finanziell schwierigen Bedingungen arbeiten musste, macht sie ihn zu einem der Haupt-Begünstigten. Im März 1958 ging sie wieder tageweise ins Labor. Aber bereits Ende März musste sie wieder in die Klinik.
Es geht zu Ende. Einer der letzten Besucher an ihrem Bett ist Jacques Mering. Er ist geschockt vom Anblick Franklins, die nur mehr aus Haut und Knochen besteht.
Am 16. April 1958 stirbt sie im Alter von nur 37 Jahren.
Nach ihrem Tod macht Bernal ihre Rolle als Wissenschafterin in einem Nachruf in Nature deutlich: Er bezieht sich auf die außerordentliche Klarheit, ja geradezu Perfektion ihrer Arbeit. Auch ihren Beitrag zum Verständnis der DNS versucht er deutlich zu machen, indem er die Rolle ihrer Röntgen-Aufnahmen verschiedener Formen der DNS herausstrich. Er schrieb:
"Ihre Fotografien gehören zu den besten Röntgenbildern die von irgendeiner Substanz je gemacht wurden. Diese Exzellenz war nur durch extreme Sorgfalt bei der Vorbereitung der Präparate möglich, sowie besonderem Geschick bei der Aufnahme selbst. Sie hat nahezu alle Arbeitsschritte selbst durchgeführt. Gleichzeitig war sie eine bewunderswerte Leiterin eines Forschungsteams und hat alle ihre Mitarbeiter zu ähnlichen Höchstleistungen angespornt. Selbst am Ende ihres Lebens hat sie noch herausragende Forschung geleistet. Obwohl sie um ihr Schicksal wusste, führte sie ihre Arbeit bis an ihr Ende fort."