Donnerstag, 3. April 2008

"Quantenerminologie" Teil 2: Das Messen

Im aktuellen Spektrum der Wissenschaft (April 2008) ist ein Artikel über "Die Parallelwelten des Hugh Everett". Ein spannender Artikel, der sich mit den verschiedenen Interpretationen der Quantetheorie auseinandersetzt und v.a. die Kopenhagener Deutung der Vielwelten-Deutung Everetts gegenüberstellt.

Ich möchte hier aber wieder eine kleine semantische Kritik anbringen. Leider findet man im Text häufig den Begriff der Messung, z.B.: "Welche dieser Konfigurationen wir aber tatsächlich messen, ist anscheinend Zufall" oder "Denn im Moment der Messung scheint die Wellenfunktion [...] zu kollabieren." usw.

Ich habe vor einiger Zeit in einem anderen Blog Artikel einige Ansichten über Probleme, die falsche oder wenigstens problematische Verwendung von Worten (besonders in der Teilchenphysik) auslösen kann. Hier trifft dies aus meiner Sicht wieder zu. Natürlich ist es nicht falsch, wenn das Wort Messung verwendet wird, es ist aber aus meiner Sicht irreführend, bzw. kann den Leser auf eine falsche Fährte führen: Der Punkt ist, es geht überhaupt nicht um Messungen, denn diese sind nur ein (sehr seltener) Spezialfall von Systeminteraktionen.

Eine Messung ist eine Interaktion von wenigstens zwei Systemen, die ein Mensch geplant veranlasst um irgendeine Information über eines der Systeme zu gewinnen. Spricht man in dem oben genannten Zusammenhang von Messung, so setzt sich leicht die falsche Annahme fest, dass die genannten Effekte ohnedies nur im Labor oder im wissenschaftlichen Experiment vorkommen, also für unseren Alltag vielleicht gar nicht so relevant sind. Dies ist natürlich falsch, denn das Wort "Messung" kann im Artikel durch "Interaktion von Systemen" ersetzt werden. Und diese passiert pausenlos: egal ob wir Nachdenken, Autofahren, ob ein Stein auf dem anderen liegt oder der Mond um die Erde kreist.

Ich persönlich meine (um mich aus dem vorigen Blog Artikel zu widerholen), dass es vorteilhaft wäre die Worte die in diesem Kontext verwendet werden gründlicher zu wählen, weil wir sonst leicht am eigentlichen Thema vorbeireden, oder dieses jedenfalls verwirren können.

Keine Kommentare:

Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)