Der IT-Security Experte Bruce Schneier zitiert ein Interview mit Prof. Sander van der Leeuw über Resilienz am Beispiel des römischen Reiches. Ein System ist nach seiner Definition robust, wenn es in der Lage ist, äußerem Druck standzuhalten ohne sein Verhalten wesentlich zu verändern. Es ist resilient, wenn es bei steigendem Druck in der Lage ist durch gewisse Änderungen den Druck zu reduzieren. Sind fundamentale Änderungen oder Umbrüche im System notwendig, so ist es verletzlich (vulnerable). Ein System kann über die Zeit auch die Charakteristik ändern, beziehungsweise von resilient zu verletzlich wechseln.
Prof. van der Leeuw beschreibt derartiges systemisches Verhalten am Beispiel des römischen Reiches:
"I’ve worked a lot on the end of the Roman Empire. Let’s go back to sometime before the end. The Roman Empire expands all around the Mediterranean and becomes very, very big. It can do that because wherever it goes, it finds and then takes away existing treasure that has been accumulated over the centuries before. That treasure pays for the army, it pays for the administration, it pays for everything. But there’s a certain moment, beginning in the third century, when there is no more treasure to be had. The empire has already taken in all of the civilized world. At that point, to maintain its administration and military and feed its poor, it must depend basically on the annual yield of agriculture, or the actual product of solar energy. At the same time, the empire becomes less attractive because it has less to offer, because it has less extra energy. So now it has to deal with all kinds of unrest, and ultimately, the energy that it has available for its administration is no longer sufficient to maintain the empire. So between the third century and the fifth century, the empire has to make changes. That is the period when it adapts its behavior to all kinds of pressures. That is the resilience period. At the end of that period, when it is no longer able to maintain that, it quickly becomes vulnerable and falls apart."
Das römische Reich 117 v.Chr. (by Tataryn77, Wikimedia Commons)) |
Dem römischen Reich sind die zu beraubenden Völker ausgegangen. Uns gehen die Ressourcen aus, beziehungsweise die Nutzung der Ressourcen richtet derartig großen Schaden an, dass sie systematisches Versagen zur Folge haben wird. Wir haben mittlerweile den Ast, auf dem wir sitzen, nahezu durchgesägt und geraten an einen Punkt, wo weiteres exponentielles Wachstum auf der Basis eines ebenso exponentiell wachsenden Ressourcenverbrauchs nicht mehr möglich ist. Wir erkennen Symptome, die den oben beschriebenen vergleichbar sind: Die bisher stetige Zunahme an Wohlstand (in westlichen Ländern) gerät an ein Ende. Bestehende (wirtschaftliche) Konzepte funktionieren nur mehr unzureichend. In einigen Ländern kommt es bereits zu erheblichen Unruhen (z.B. in Griechenland oder Spanien). Regierungen und Betriebe finden keine willigen Opfer mehr, die ohne weiteres geplündert werden können. Im Gegenteil, Staaten wie China (mit einer Milliarde Menschen und großem Appetit auf mehr Wohlstand) entdecken gerade erst das "Erfolgsrezept" der Plünderung globaler Rohstoffe. Nicht zuletzt sehen wir gerade, dass Finanzmärkte Plünderung und Faustrecht zum Prinzip erhoben haben. Auch hier wurden die Finanzen der Rechtlosen (und Dummen) bereits erfolgreich an die "Finanzeliten" überwiesen und das System Plünderung gelangt an einen Endpunkt.
Die Zeit der Resilienz (nach der Definition von Prof. Leeuw) wird vermutlich bald Vergangenheit sein. Systembrüche stehen bevor. Wird es uns gelingen, nach einer Phase der Resilienz in eine (friedliche) Phase des Überganges zu einem anderen System zu gelangen? Wird es uns gelingen, das Wirtschaftsprinzip "Plünderung" ebenso hinter uns zu lassen? Oder werden wir im Chaos untergehen?
1 Kommentar:
Mir gefällt eine Passage aus einem anderen von Schneider zitierten Dokument (http://www.slate.com/articles/technology/future_tense/2012/03/resilience_in_national_security_is_overrated_.html):
"... there is a fine line between perseverance and stupidity. Sometimes it is better to give up and pursue a different course than continuing down the same failing path in the face of adversity."
Passt prima gegen den aktuellen Eurettungsfetischismus!
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