Mittwoch, 25. Juni 2008

In die falsche Richtung: Weniger Geld für Wissenschaft ohne Zweckwidmung

Der ORF berichtet heute, dass Unis immer weniger Geld ohne konkrete Zweckwidmung (z.B. antragsorientierte Forschung oder aus Firmenkooperationen) bekommt. Das erscheint auf den ersten Blick in Ordnung zu sein. Denn was spricht dagegen, dass man Geld für ganz bestimmte Zwecke bekommt, man möchte es ja schliesslich nicht für unklare Aktivitäten verschwenden; so könnte man jedenfalls argumentieren. Weiters kommt natürlich dazu, dass diejenigen die Gelder verwalten in "Rechtfertigungs-Notstand" sind. D.h. werden sie gefragt, wofür sie ihre Mittel eingesetzt haben (die Fonds beispielsweise) so kann man sich natürlich bei antragsorientierter Forschung leicht auf die konkreten Projekte und deren "Erfolge" berufen. Jedenfalls ist nach aussen hin alles schön strukturiert, organisiert und überwacht.

Ich denke, dass das aber in vielen Fällen nur eine Scheintransparenz ist und in Wahrheit auf diesem Wege in Summe viel mehr verschwendet wird als bei freierer Vergabe. Jeder der schon einmal Projektanträge geschrieben hat, weiß wieviel Aufwand darin steckt. Die meisten Anträge werden ja nicht genemigt, daher ist der Aufwand in vielen Fällen schon mal verschwendet worden. Ist ein Antrag einmal genemigt, so stellt man fest wieviel planerische Aktivitäten und Verwaltung dann mit dem Projekt verbunden ist, ganz zu schweigen vom administrativen Aufwand. Dieser Overhead wächst und nimmt natürlich Zeit weg die für tatsächliche Forschung eingesetzt werden könnte.

Davon abgesehen wird nicht verstanden, dass man echte Forschung (und nicht Prototyp- oder Produktentwicklung) eben nicht wie ein Projekt planen kann. Dies trifft v.a. auf wertvolle Grundlagenforschung zu. Wäre alles so konkret bräuchte man ja keine Forschung mehr. Ausserdem sind diejenigen die gute Wissenschafter sind nicht notwendigerweise gute "Bürokraten" und Projektschreiber. Die Konsequenzen (z.B. bei EU Projekten) kann man schon seit Jahren leicht erkennen. Viele EU Projekte gehen an solche Gruppen bzw. Firmen die sich de facto massives Know-How im Antragsschreiben aufgebaut haben, und nicht unbedingt besonders wissenschaftliche kompetent sind. Das sind häufig auch nicht gerade die tatsächlichen Innovationsträger die man eigentlich fördern sollte. Zudem ist der Trend zu angewander Forschung sowie eher risikoloser Forschung zu bemerken.

Denn, und das ist ein eigener Punkt den ich einmal getrennt betrachten werde, im derzeitigen Wissenschaftsbetrieb ist ja ein "ehrenvolles Scheitern" kaum vorgesehen: So als ob jede Forschung zum Erfolg wird, was doch bei genauerer Betrachtung eine sehr eigenartige Vorstellung ist! Damit muss man den Eindruck gewinnen, dass Förderinstitute wie die EU eigentlich ganz gerne betrogen werden möchten; im Sinne: besser ein toll gemachter Zwischen- und Endbericht, der es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nimmt, als ein ehrliches Eingeständnis, dass gewisse Dinge doch nicht so funktioniert haben, wie erhofft ("erwartet" wäre schon wieder eigentümlich, denn Forschungsergebnisse die ich erwarte sind in vielen Fällen kaum der Rede wert oder methodisch fragwürdig zustande gekommen).

Ich bin wirklich der Ansicht, dass die derzeitige Förderpraxis in die falsche Richtung geht. Ich meine, man sollte wesentlich mehr Geld (v.a. in der Grundlagenforschung) "freihändig" vergeben, also an begabte Forscher die im Prinzip damit machen können was sie wollen. Und danach wird evaluiert ob der Einsatz vernünftig war. Auch sollten bestehende (gute) Institute, Unis etc. eine deutlich massivere Grundfinanzierung bekommen. Ich denke, etwas mehr Vertrauen könnte hier nicht schaden. Denn besser tatsächliche Transparenz durch Ergebnisse als scheinbare Sicherheiten durch lange Projektanträge die versuchen etwas darzustellen was bei ehrlicher Betrachtung nicht darzustellen ist.

Wollen wir kreative und auch risikofreudige Forscher, oder solche deren Kernkompetenz darin besteht sich auf dem Laufenden zu halten wie Projektanträge für welche Förderinstitution am besten geschrieben werden und wie man Projekte administrativ so abwickelt, dass bei minimalem Forschungseinsatz maximale Mittel generiert werden können.

Ich meine: besser mehr Vertrauen bei der Vergabe von Mitteln, ehrliche Begutachtung von Forschungsaktivitäten und anständige Basis-Subvention anstelle von fragwürdiger Transparenz und Bürokratie die äußere Merkmale optimiert und wo die tatsächliche Forschungsleistung in Wahrheit zur Nebensache wird.

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Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)