In den letzten Tagen ist die Idee des "Body Count" in Bezug auf den Klimawandel durch die Medien (oder jedenfalls durch das Netz) gegeistert: Z.B. gibt es eine Stanford Studie die sagt, dass CO2 Emissionen 1000 Tote alleine in den USA pro Jahr pro Grad an Erwärmung verursachen würde (der New Scientist berichtet), natürlich noch viel mehr in Entwicklungsländern, die einerseits nicht die medizinische Infrastruktur haben und andererseits auch durch die geographische Lage viel stärker betroffen sein können. Kalifornien klagt nun die Environmental Protection Agency (EPA), weil sie dies nicht anerkennen möchte. Auch der Guardian berichtet über ein ähnliches Thema in Bezug auf eine Gerichtsverhandlung in Großbritannien.
Tatsächlich ist es ja so, dass wir jeden zweiten Tag Statistiken lesen, wieviele Tote diese und jene Verhaltensweisen kosten würden; am bekanntesten sind natürlich die Aussagen zum Rauchen aber auch zu Alkoholkonsum.
Nun muss man natürlich zwei Dinge ganz fundamental unterscheiden: einerseits können neue Technologien oder auch Verhaltensweisen direkt zu einer Krankheit oder gar zum Tod führen oder zumindest unmittelbar darauf zurückgeführt werden. Als Beispiel könnte man einen Alkoholiker nennen, der an Leberversagen stirbt. Hier ist vermutlich der Bezug zumeist recht klar herzustellen. Nicht mehr ganz so klar ist es vermutlich bei Lungenkrebs und erhöhten Umweltbelastungen, z.B. einer Person die als Industriearbeiter erhöhten Schadstoffen wie Asbest ausgesetzt ist oder einer Person die im Einfamilienhaus durch hohe Radon Konzentrationen belastet wird. Hier ist eher eine indirekte oder epidemiologische Analyse notwendig.
Ganz deutlich kann man den Unterschied bei anderen Technologien die wir einsetzen zeigen, z.B. dem Auto: hier gibt es jedes Jahr eine bestimmte Anzahl an Verkehrsopfern, Tote und Verletze, durch direkte Einwirkung, d.h. durch Verkehrsunfälle. Dann gibt es aber auch eine bestimmte Anzahl von Opfern durch die Tatsache, dass Autos, Tankstellen, Strassenbau usw. Schadstoffe emittieren. Dieser Bezug ist wieder nicht ganz einfach herzustellen. Gleichwohl werden derartige Rechnungen angestellt.
Ich bin jetzt ein wenig gespalten was diese "body count" Ansätze betrifft. Einerseits kann es sicherlich hilfreich in der politischen Argumentation sein, wenn man sich die Dimension des Problemes anhand von konkreten Zahlen veranschaulicht. Andererseits fürchte ich, dass dies ebenso ein Schauplatz für Ablenkungsmanöver werden kann. Denn gerade diese indirekten Konsequenzen, die epidemiologisch oder durch irgendwelche Modellrechnungen ermittelt werden sind nun mal keine sehr harten Zahlen. Damit öffnet man sich klarerweise eine Flanke die den konservativen ewig gestrigen eine Möglichkeit geben diese Zahlen (vielleicht sogar mit einer gewissen Berechtigung) zu kritisieren und damit gleich die Tatsache des Klimawandels an sich vom Tisch zu wischen.
Diese Gefahr besteht besonders auch deshalb, weil meiner Beobachtung nach derartige Statistiken (weil sie sich sensationell verkaufen lassen: "100 Mio Tote pro Jahr durch Klimawandel...") gerne publiziert werden: die Konsequenz ist, dass sich Wissenschafter aus der zweiten oder dritten Liga, die ein wenig an Aufmerksamkeitsdefizit leiden, in solchen Kontexten gerne wichtig machen. Seriöse Studien wären wichtig, aber ich fürchte, wir werden in der nächsten Zeit mit Unsinn aller Art aus unseriösen Quellen belästigt werden, und dieses Rauschen wird die tatsächlich ernsthafte Analyse der Bedrohung wieder einmal überdecken.
Dazu kommt noch ein weiterer Punkt: Die Anzahl der Opfer die eine bestimmte Technologie oder Lebensweise bringt ist für sich genommen (ganz offensichtlich) kein Kriterium diese Technologie abzuschaffen. Ich erinnere mich an eine Interessante Diskussion, die ich zu Zeiten meines Studiums mit einem Professor der Atomphysik hatte: Er meinte zu Recht, dass wir heute zwar heftig über die Opfer der Kernenergie diskutieren, aber uns an die tausenden Verkehrstoten gewöhnt haben und diese akzeptieren (und sogar alle Massnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen sehr gerne angreifen!). Er meinte: gäbe es heute keine Autos und jemand würde das Auto erfinden und sagen, es wäre zwar eine spannende Technologie, wir müssten aber mit etwa tausend zusätzlichen Toten pro Jahr (alleine in Österreich!) rechnen (rein an "Primäropfern" dazu kommen dann noch die Auswirkungen durch die Umweltverschmutzung und die Eingriffe in die Landschaft durch Strassen usw.), das Auto würde wohl kaum zugelassen werden.
D.h. in diesen Zahlen steckt einerseits eine wichtige Informationsquelle die uns die Konsequenzen unseres Tuns deutlicher machen kann, andererseits sind sie zu einem gewissen Maße auch irrelevant, weil fast alle Technologien zu Risken führen, sogar zu vielen Toten (Autos, Sport, Rauchen, Alkohol, Reisen, ...), die wir ganz offensichtlich als Gesellschaft gerne hinnehmen. Somit könnte man sogar zynisch leicht wie folgt argumentieren:
Dazu kommt noch ein weiterer Punkt: Die Anzahl der Opfer die eine bestimmte Technologie oder Lebensweise bringt ist für sich genommen (ganz offensichtlich) kein Kriterium diese Technologie abzuschaffen. Ich erinnere mich an eine Interessante Diskussion, die ich zu Zeiten meines Studiums mit einem Professor der Atomphysik hatte: Er meinte zu Recht, dass wir heute zwar heftig über die Opfer der Kernenergie diskutieren, aber uns an die tausenden Verkehrstoten gewöhnt haben und diese akzeptieren (und sogar alle Massnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen sehr gerne angreifen!). Er meinte: gäbe es heute keine Autos und jemand würde das Auto erfinden und sagen, es wäre zwar eine spannende Technologie, wir müssten aber mit etwa tausend zusätzlichen Toten pro Jahr (alleine in Österreich!) rechnen (rein an "Primäropfern" dazu kommen dann noch die Auswirkungen durch die Umweltverschmutzung und die Eingriffe in die Landschaft durch Strassen usw.), das Auto würde wohl kaum zugelassen werden.
D.h. in diesen Zahlen steckt einerseits eine wichtige Informationsquelle die uns die Konsequenzen unseres Tuns deutlicher machen kann, andererseits sind sie zu einem gewissen Maße auch irrelevant, weil fast alle Technologien zu Risken führen, sogar zu vielen Toten (Autos, Sport, Rauchen, Alkohol, Reisen, ...), die wir ganz offensichtlich als Gesellschaft gerne hinnehmen. Somit könnte man sogar zynisch leicht wie folgt argumentieren:
1000 Tote pro Jahr in Amerika sind eigentlich gar nicht so viele und im Prinzip ganz ok, wenn man dafür unseren luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil behalten können, v.a. in Bezug auf die anderen genannten Risken modernen Lebens.Und genau hier liegen wir einfach wieder sehr falsch, weil es eben kaum um 1000 Tote pro 1 Grad Erwärmung geht, sondern um die nicht-linearen, systemischen Effekte die damit verbunden sind. Das zweite Grad hat dann keine 1000 Toten mehr, sondern vielleicht viel mehr und beim dritten Grad mehr bricht vielleicht (eher wahrscheinlich) die Weltwirtschaft zusammen, wegen der Vielzahl an Auswirkungen, die durch diese simplen Zahlen nicht gesehen werden.