Donnerstag, 28. Februar 2008

Klimawandel-"Body Count"

In den letzten Tagen ist die Idee des "Body Count" in Bezug auf den Klimawandel durch die Medien (oder jedenfalls durch das Netz) gegeistert: Z.B. gibt es eine Stanford Studie die sagt, dass CO2 Emissionen 1000 Tote alleine in den USA pro Jahr pro Grad an Erwärmung verursachen würde (der New Scientist berichtet), natürlich noch viel mehr in Entwicklungsländern, die einerseits nicht die medizinische Infrastruktur haben und andererseits auch durch die geographische Lage viel stärker betroffen sein können. Kalifornien klagt nun die Environmental Protection Agency (EPA), weil sie dies nicht anerkennen möchte. Auch der Guardian berichtet über ein ähnliches Thema in Bezug auf eine Gerichtsverhandlung in Großbritannien.

Tatsächlich ist es ja so, dass wir jeden zweiten Tag Statistiken lesen, wieviele Tote diese und jene Verhaltensweisen kosten würden; am bekanntesten sind natürlich die Aussagen zum Rauchen aber auch zu Alkoholkonsum.

Nun muss man natürlich zwei Dinge ganz fundamental unterscheiden: einerseits können neue Technologien oder auch Verhaltensweisen direkt zu einer Krankheit oder gar zum Tod führen oder zumindest unmittelbar darauf zurückgeführt werden. Als Beispiel könnte man einen Alkoholiker nennen, der an Leberversagen stirbt. Hier ist vermutlich der Bezug zumeist recht klar herzustellen. Nicht mehr ganz so klar ist es vermutlich bei Lungenkrebs und erhöhten Umweltbelastungen, z.B. einer Person die als Industriearbeiter erhöhten Schadstoffen wie Asbest ausgesetzt ist oder einer Person die im Einfamilienhaus durch hohe Radon Konzentrationen belastet wird. Hier ist eher eine indirekte oder epidemiologische Analyse notwendig.

Ganz deutlich kann man den Unterschied bei anderen Technologien die wir einsetzen zeigen, z.B. dem Auto: hier gibt es jedes Jahr eine bestimmte Anzahl an Verkehrsopfern, Tote und Verletze, durch direkte Einwirkung, d.h. durch Verkehrsunfälle. Dann gibt es aber auch eine bestimmte Anzahl von Opfern durch die Tatsache, dass Autos, Tankstellen, Strassenbau usw. Schadstoffe emittieren. Dieser Bezug ist wieder nicht ganz einfach herzustellen. Gleichwohl werden derartige Rechnungen angestellt.

Ich bin jetzt ein wenig gespalten was diese "body count" Ansätze betrifft. Einerseits kann es sicherlich hilfreich in der politischen Argumentation sein, wenn man sich die Dimension des Problemes anhand von konkreten Zahlen veranschaulicht. Andererseits fürchte ich, dass dies ebenso ein Schauplatz für Ablenkungsmanöver werden kann. Denn gerade diese indirekten Konsequenzen, die epidemiologisch oder durch irgendwelche Modellrechnungen ermittelt werden sind nun mal keine sehr harten Zahlen. Damit öffnet man sich klarerweise eine Flanke die den konservativen ewig gestrigen eine Möglichkeit geben diese Zahlen (vielleicht sogar mit einer gewissen Berechtigung) zu kritisieren und damit gleich die Tatsache des Klimawandels an sich vom Tisch zu wischen.

Diese Gefahr besteht besonders auch deshalb, weil meiner Beobachtung nach derartige Statistiken (weil sie sich sensationell verkaufen lassen: "100 Mio Tote pro Jahr durch Klimawandel...") gerne publiziert werden: die Konsequenz ist, dass sich Wissenschafter aus der zweiten oder dritten Liga, die ein wenig an Aufmerksamkeitsdefizit leiden, in solchen Kontexten gerne wichtig machen. Seriöse Studien wären wichtig, aber ich fürchte, wir werden in der nächsten Zeit mit Unsinn aller Art aus unseriösen Quellen belästigt werden, und dieses Rauschen wird die tatsächlich ernsthafte Analyse der Bedrohung wieder einmal überdecken.

Dazu kommt noch ein weiterer Punkt: Die Anzahl der Opfer die eine bestimmte Technologie oder Lebensweise bringt ist für sich genommen (ganz offensichtlich) kein Kriterium diese Technologie abzuschaffen. Ich erinnere mich an eine Interessante Diskussion, die ich zu Zeiten meines Studiums mit einem Professor der Atomphysik hatte: Er meinte zu Recht, dass wir heute zwar heftig über die Opfer der Kernenergie diskutieren, aber uns an die tausenden Verkehrstoten gewöhnt haben und diese akzeptieren (und sogar alle Massnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen sehr gerne angreifen!). Er meinte: gäbe es heute keine Autos und jemand würde das Auto erfinden und sagen, es wäre zwar eine spannende Technologie, wir müssten aber mit etwa tausend zusätzlichen Toten pro Jahr (alleine in Österreich!) rechnen (rein an "Primäropfern" dazu kommen dann noch die Auswirkungen durch die Umweltverschmutzung und die Eingriffe in die Landschaft durch Strassen usw.), das Auto würde wohl kaum zugelassen werden.

D.h. in diesen Zahlen steckt einerseits eine wichtige Informationsquelle die uns die Konsequenzen unseres Tuns deutlicher machen kann, andererseits sind sie zu einem gewissen Maße auch irrelevant, weil fast alle Technologien zu Risken führen, sogar zu vielen Toten (Autos, Sport, Rauchen, Alkohol, Reisen, ...), die wir ganz offensichtlich als Gesellschaft gerne hinnehmen. Somit könnte man sogar zynisch leicht wie folgt argumentieren:
1000 Tote pro Jahr in Amerika sind eigentlich gar nicht so viele und im Prinzip ganz ok, wenn man dafür unseren luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil behalten können, v.a. in Bezug auf die anderen genannten Risken modernen Lebens.
Und genau hier liegen wir einfach wieder sehr falsch, weil es eben kaum um 1000 Tote pro 1 Grad Erwärmung geht, sondern um die nicht-linearen, systemischen Effekte die damit verbunden sind. Das zweite Grad hat dann keine 1000 Toten mehr, sondern vielleicht viel mehr und beim dritten Grad mehr bricht vielleicht (eher wahrscheinlich) die Weltwirtschaft zusammen, wegen der Vielzahl an Auswirkungen, die durch diese simplen Zahlen nicht gesehen werden.

Freitag, 22. Februar 2008

Richard Dawkins: "The four Horseman"

Bin gestern darüber gestossen: sehr zu empfehlen ist die Diskussion, die Richard Dawkins zu zwei einstündigen Videos gerade von der Webseite der Richard Dawkins Foundation anbietet. "The Four Horseman" ist eine Diskussion zwischen Richard Dawkins, Daniel Dennett, Sam Harris und Christopher Hitchens, natürlich über Religion und Atheismus. Alle vier Autoren haben ja in der letzten Zeit sehr heftig diskutierte Bücher zum Thema geschrieben, Dawkins "The God Delusion" und Dennetts "Breaking the Spell" habe ich gelesen und kann ich nur sehr weiterempfehlen. Die beiden anderen Autoren muss ich selbst erst nachschlagen.

Jedenfalls ein sehr inspirierendes Gespräch, das ich wirklich empfehlen kann!

Donnerstag, 21. Februar 2008

Die Gaia Hypothese und der Reduktionismus

Das ist jetzt vielleicht vordergründig nicht das aktuellste Thema, denn James Lovelock hat seine Gaia Hypothese schon in den 70er Jahren vorgestellt. Ich bin auf diese These Mitte der 90 Jahre gestossen, weil ich von meinem damaligen Professor Lovelocks Buch "Das Gaia Prinzip, Die Biographie unseres Planeten" bekommen habe. Leider wird dieses Buch, wie aus meiner Sicht viele andere wichtige Bücher nicht mehr aufgelegt. In der Biographie von Lovelock werden die Kern-Ideen wie folgt zusammengefasst:
"Die Erde, so schlägt James Lovelock vor, verhält sich wie ein Superorganismus, gebildet aus ihrer belebten und unbelebten Materie. Als er erstmals seine brillante Gaia-Theorie um 1970 skizzierte, begeisterte sie die Menschen weltweit und innerhalb kurzer Zeit avancierte Gaia von einem wissenschaftlichen Nebengebiet zu einem zentralen Forschungszweig

James Lovelock argumentiert das Phänomene wie der Sauerstoffgehalt, Wolkenbildung und der Salzgehalt der Ozeane durch sich gegenseitig beeinflussende physikalische, chemische und biologische Prozesse gesteuert werden. Er glaubt, daß die Selbstregulation des Klimas und die Selbstregulation der chemischen Zusammensetzung der Erde einen Prozeß darstellt, der sich aus der korrekt verknüpften Evolution von Gestein, Luft und Wasser zusammen mit der Evolution des irdischen Lebens ergibt. Eine solch in sich abgeschlossene Selbstregulation, obwohl niemals optimal (man betrachte nur die kalten und heißen Plätze der Erde, die nassen und die trockenen) erhält nichtsdestotrotz die Erde als einen Flecken 'Fit fürs Leben'. "
Warum komme ich jetzt wieder auf dieses Thema? Vordergründig einfach deshalb, weil mir das Buch gerade wieder in die Hände gefallen ist. Wichtiger aber, weil ich den Eindruck habe, das Lovelock eine sehr wichtige Idee gehabt hat, die in der Detailkritik gerne untergeht. Die Gaia Idee wurde vielfach (und auch zurecht) krisitiert: Das Konzept der Evolution würde auf die Erde angewandt nicht funktionieren; Lovelock würde mit dem Begriff des "Lebens" zu locker umgehen, denn die Erde könne sich nicht, wie alle lebenden Organismen, reproduzieren usw.

All diese Kritikpunkte und viele andere sind vermutlich zutreffend; ich würde das Buch von Lovelock heute auch weniger als "wissenschaftlichen" Text lesen, als mehr als einen Text die Bilder zeichnet um unser Denkschema herauszufordern. Um nun auf den mir wichigen Punkt zu kommen: Ich denke, die wesentliche Leistung der Lovelocks ist es, den systemischen Effekt der Organismen unterliegen aufzuzeigen, und nicht nur in dem Sinne wie Organismen (in einem auf die Biologie reduzierte Sicht) untereinander wechselwirken, sondern die Verknüpfungen mit Geologie, Klima, Atmosphärenchemie, dem System der Ozeane usw. Insofern ist die Idee die Erde als "Lebewesen" zu beschreiben auf dieser Ebene aus meiner Sicht schon zutreffend.

Ich glaube, wir haben zu lange Zeit, bedingt durch unsere beschränkte menschliche Auffassungsgabe gedacht, dass eine reduktionistischer Beschreibung der Welt ausreichend sei. Das es reicht kleine Systeme zu verstehen und diese dann auch gerne beliebig manipuliert werden können, weil man sie ja ohnedies verstanden hat. Nun ist das Programm des Reduktionismus eine der wesentlichen Säulen moderner Wissenschaft und ich möchte betonen, eine fundamentale und unverzichtbare Säule (ich möchte wirklich nicht irgendwelchen esotherischen Ideen Vorschub leisten). Aber wir sind in unseren wissenschaftlichen Programmen oft bei diesem ersten wichtigen Schritt stehengeblieben.

So wichtig es ist, wenn man ein noch unbekanntes komplexes System vor sich hat, dieses zunächst einmal in seine Teile zu spalten und diese zu untersuchen, weil die Komplexität eine Untersuchung als Ganzes zunächst nicht zulässt, so ist dann doch immer wieder der Schritt zurück zu machen: Ich habe nun verstanden, wie dieses oder jenes Detail funktioniert, aber was bedeutet das für die nächst höhere Ebene?

Ich glaube, dass wir diesen zweiten wichtigen Schritt nicht konsequent genug gegangen sind. Ich sehe diese Vorgehensweise ähnlich der Hermeneutik, aber über Stufen der Abstraktion, also eine wechselseitige Erhellung vom Großen zum Kleinen und zurück.

Und genau das habe ich aus Lovelocks Buch herausgelesen: das wir in einem oft auch zu technokratischen Ansatz und Subsystem verstanden haben (oder zu haben glauben), und dann sofort der Ansicht sind, dieses Verständnis wäre ausreichend um dieses System manipulieren zu können. Dabei wurde und wird oft der systemische Zusammenhang mit vielen anderen Systemen vergessen, was zu entsprechenden Katastrophen führt.

Das letzte passende, von mir schon zitierte Beispiel ist die Idee aus Lebensmitteln Treibstoff (Biodiesel...) usw. zu erzeugen. Betrachtet man nur einen ganz kleinen Aspekt so sieht dies wie eine gute Idee aus; weitet man seinen Blick nur ein wenig, so stellt man plötzlich fest, dass sich auf einmal viele Menschen keinen Mais mehr leisten können, dass die CO2 Ausstoss auf den ganzen Prozess bezogen praktisch gleich hoch ist, wie wenn man gleich Öl verbrennt usw. Oder der Fokus auf "Hybridautos", wo übersehen wird, dass vermutlich der Energieverbrauch eines Autos (wenn Herstellung, Resourcengewinnung, ...) miteinberechnet wird dramatisch über dem des Verbrauchs im Betrieb liegt. Wo könnte man wohl besser einsparen?

Ein anderes Beispiel: warum wird die sogenannte "Schulmedizin" heute so gerne kritisiert? Der Grund ist in Wahrheit nicht, dass die Erkenntnisse der Schulmedizin falsch wären, oder dass etwa pseudowissenschaftliche Systeme wie Homöopathie der Schulmedizin überlegen wären, das ist natürlich nicht der Fall, der Grund liegt darin, dass sich viele Ärzte in den Details ihrer speziellen Disziplin verlieren und nicht mehr in der Lage sind, den Menschen als Ganzes zu sehen.

Genug der Beispiele an dieser Stelle; ich denke, dass Lovelocks Gaia Hypothese einen zweiten Blick wert ist, auch wenn viele Details einer kritischen Prüfung nicht standhalten und dass wir gut daran tun unseren auf Detailprobleme gerichteten Blick öfter zu weiten und zu versuchen, die Bedeutung der jeweiligen Detail-Erkenntnis im Bezug auf das größere System zu überprüfen.

(Vielleicht stellen wir dann auch fallweise fest, dass unser Detailproblem gar nicht so wichtig ist, wie wir ursprünglich angenommen haben, vielleicht aber auch das Gegenteil...)

Mittwoch, 20. Februar 2008

Wird Dummheit durch Viren verursacht?

Ich entwickle gerade eine neue und revolutionäre Theorie die in etwa wie folgt lautet: Es gibt einen bisher noch nicht entdeckten und identifizierten Virus, der infizierte Personen verdummen lässt. Dies lässt sich sehr klar aus der Beobachtung belegen, dass sich dumme Menschen häufig in Gruppen Gleichgesinnter zu finden sind. Die Logik ist offensichtlich: Der Virus verbreiten sich durch den gegenseitigen Kontakt in Gruppen, daher verbreitet sich Dummheit entsprechend dieser Pfade.

Wer Belege für meine revolutionäre Theorie möchte, dem empfehle ich einen aktuellen Bericht: CNN online schreibt, dass alle drei republikanischen Kandidaten im Interview die Ansicht vertreten, dass die Evolutionstheorie falsch sei. Sind mehr Belege für meine Theorie notwendig? Man könnte sich auch in religiösen Gruppen umsehen, oder bei Esotherik Fans oder... Aber die ganze Debatte um die Evolutionstheorie ist leider die Krönung der um sich greifenden gesellschaftlichen Dummheit. Manchmal hat man wirklich das Gefühl, als würden Jahrzehnte/hunderte an kleinen und mühsamen Schritten folgend der modernen Wissenschaft und der Aufklärung nun in wenigen Jahren durch unfassbare Borniertheit und, ja Dummheit von Politikern, religiösen Führern und durch (bewusst) mangelnde Ausbildung vernichtet werden.

Sorry, aber diesen Frust musste ich wirklich loswerden.

Dienstag, 19. Februar 2008

Giesskannen und Sumpfpflanzen

Ich denke, ich bin einigermassen unverdächtig was meine grundsätzliche Einstellung zur Wissenschaft betrifft. Ich bin der Ansicht, dass die Menschheit, die Welt vor dramatischen Problemen steht, vermutlich wesentlich dramatischer als sich die meisten zur Zeit vorstellen können. Eine der wenigen Möglichkeiten, die uns vermutlich bleibt ist massive Investition in Wissenschaft, Wissen, Bildung. Also kaum ein Zweifel von meiner Seite dass jeder Euro, Dollar etc. der in diesen Bereichen investiert ist, eine gute Investition darstellt.

Aber in welchen Bereichen soll nun genau investiert werden?!

Wie ich schon in einem der letzten Postings geschrieben habe: Geld und Resourcen lassen sich nicht beliebig vermehren. Sicher, heute wird eine Menge Geld verschwendet (z.B. für militärische Ausgaben), die man natürlich besser in Forschung und Bildung stecken sollte (ohne militärischen Hintergrund). Aber dann bleibt immer noch die Frage, wie man das Kapital am effizientesten einsetzen sollte.

Auf der einen Seite scheint Steuerung in der Wissenschaft (und ganz besonders in der Finanzierung) nur sehr bedingt zu funktionieren; nur weil Millionen in eine bestimmte Forschungsrichtung investiert werden, bedeutet das noch lange nicht dass (1) diese Forschungsrichtung wirklich wesentlich ist (vielleicht war die wissenschaftliche Lobby einfach die lauteste) und (2) dass auch entsprechende Ergebnisse zu verzeichnen sind. Aus dem Gefühl heraus würde ich persönlich dafür plädieren, die Mittel durchaus breit zu streuen. Also vielleicht gewisse Schwerpunkte setzen, z.B. erneuerbare Energien, nachhaltige Technologien, aber eine substantielle Menge an Kapital für eine breite Basis an verschiedenen Disziplinen, und das schließt ganz besonders auch die Geisteswissenschaften ein. Im Endeffekt weiß man nie genau, welcher Acker die größten Erdäpfel liefert, besser man hat nicht alles auf eine Karte gesetzt.

Es wird ja gerne (in jeder zweiten politischen Sonntagsrede wird das ausgebreitet) gegen sogenannte "Gießkannenförderung" polemisiert. Warum eigentlich? Noch dazu mit einem so dummen Vergleich? Wie würde ein Garten aussehen, wenn wir keine Gießkanne verwenden, sondern unsere Lieblingsblumen mit allem verfügbaren Wasser beglückten? 90 % des Gartens wären eine Wüste und 10% ein Sumpf. Ist das der Garten, den wir uns vorstellen? Was genau spricht eigentlich gegen die Gießkanne?

Dazu kommt, und das ist, meine ich, ein ebenso wichtiger Gedanke: manche Forschungsrichtungen verschlingen geradezu Unsummen an Kapital. Man denke an Large-Hadron-Collider, Weltraumprogramme usw. Übrigens findet sich gerade ein sehr schöner Artikel zum Thema im "Zeit Weblog": Grundlagenforschung, ein teurer Spaß?

Ich möchte nun wirklich nicht gegen diese beiden (nur beispielhaft erwähnten Bereiche) wettern. Ich glaube aber schon, dass eine Diskussion angemessen ist. So sehr es auch für mich spannend ist zu beobachten, ob nun bestimmte Elementarteilchen gefunden werden oder nicht, ob die kosmologischen Theorien richtig sind oder nicht: die eingesetzten Summen sind enorm und fordern eine fundamentale Diskussion!

Da fällt es mir wirklich schwer gute Argumente für die Bedeutung der Forschung in bestimmten Bereichen der Teilchenphysik zu finden, wenn auf der anderen Seite gerade unser Planet zugrunde geht. Das hört sich vielleicht etwas melodramatisch an, aber ich denke, es muß erlaubt sein, diese Frage klar und deutlich zu stellen. Wenn wir schon Schwerpunkte setzen, warum dann nicht in den wirklich vitalen Fragen der Menschheit?

Andererseits bin ich mir schon im klaren darüber, dass ich mir in gewisser Weise selbst widerspreche: vielleicht ergeben sich aus diesen sehr teuren Grundlagenforschungen genau die neuen Ideen, die wir für die Lösung einiger unserer Probleme so dringend benötigen. Dennoch: der Kapitaleinsatz ist schon massiv verglichen mit den Mitteln die Forschung zu bspw. erneuerbaren Energien oder Biologen die sich mit Biodiversität beschäftigen zur Verfügung stehen.

Oder anders gesagt: die wichtigen Innovationen in der Geschichte der Wissenschaft sind keineswegs immer oder auch nur meistens dort entstanden, wo der Staat am meisten investiert hat; und es rechtfertig nicht, das Austrocken ganzer Wissenschaftslandstriche! Das torpediert vermutlich mehr Innovation als massive Schwerpunktforschung zu schaffen hofft.

Sind nun die wissenschaftlichen Großprojekte unserer Zeit den Problemen denen wir konfrontiert sind angemessen? Ich weiß es nicht.

Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)