Hört man sich tagtäglich "Experten" an, die ihre Ansicht zu Krieg und Frieden, Terrorismus und Gewaltausbrüchen, sowie anderen Weltpolitischen Themen an, so hört man doch zumeist die selben Dinge. Vielleicht unterschiedliche Nuancen. Sehr selten aber habe ich das Gefühl hier etwas "originelles" (wenn dieser Begriff in diesem Kontext gestattet ist) zu hören. Einen wirklich neuen Gesichtpunkt zu bekommen.
Gunnar Heinsohn, Professor an der Uni Bremen, diskutiert in der SWR2 Aula vom 6. Jänner (Transkript) unter dem Titel "Jung, aggressiv und engagiert - Die Macht der Söhne und der Terrorismus" ein Phänomen, das Youth Bulge genannt wird. Im wesentlichen stellt dies die Demographische Besonderheit von Ländern wie dem Irak und Afghanistan dar: es gibt eine sehr große Anzahl von jungen Männern zwischen etwa 15 und 35, also dem "kampffähigen" Alter. Nun ist dies ein durchaus bekanntes Phänomen; eigentlich interessant wird es, weil er es anhand vieler historischer Beispiele geradezu als Voraussetzung für Gewaltausbrüche (Bürgerkrieg, Terrorismus, Kriege), und vielleicht gar als Notwendigkeit darstellt. Dies sind provokante aber wie sich meiner Ansicht nach zeigt, bedenkenswerte Thesen.
Gunnar Heinsohn, Professor an der Uni Bremen, diskutiert in der SWR2 Aula vom 6. Jänner (Transkript) unter dem Titel "Jung, aggressiv und engagiert - Die Macht der Söhne und der Terrorismus" ein Phänomen, das Youth Bulge genannt wird. Im wesentlichen stellt dies die Demographische Besonderheit von Ländern wie dem Irak und Afghanistan dar: es gibt eine sehr große Anzahl von jungen Männern zwischen etwa 15 und 35, also dem "kampffähigen" Alter. Nun ist dies ein durchaus bekanntes Phänomen; eigentlich interessant wird es, weil er es anhand vieler historischer Beispiele geradezu als Voraussetzung für Gewaltausbrüche (Bürgerkrieg, Terrorismus, Kriege), und vielleicht gar als Notwendigkeit darstellt. Dies sind provokante aber wie sich meiner Ansicht nach zeigt, bedenkenswerte Thesen.
Er stellt also die Frage, warum dieser "youth bulge" (v.a. bei jungen Männern) ein so fundamentales Problem in dieser Hinsicht darstellt:
"Warum führt das zu Konflikten? Weil sich gehobene Positionen nicht so schnell vermehren lassen wie Nahrung, Lesebücher oder Impfstoffe. Die drei oder vier Söhne einer Familie haben durchaus genug zu essen. Sie lernen rechnen und schreiben, tragen ein Hemd auf dem Leib und sind medizinisch passabel versorgt. "
An dieser Stelle ein weiterer interessanter Ansatz: es sind nicht die ausgehungerten "Massen" die gewaltbereit sind und größere blutige Konflikte anzetteln würden, bzw. sich dazu verführen lassen, denn diese würden eher nur das Interesse haben sich mit dem Nötigsten zu versorgen; es sind gerade die große Anzahl an passabel "genährten" "überzähligen" Brüdern, jungen Männern, Söhnen. Sie sind die "überzähligen"; die in der Gesellschaft nicht mehr die Chancen finden, die sie sich erwarten würden, aber gleichzeitig nicht direkt ums überleben kämpfen müssen.
"Einer von dreien [Brüdern], vielleicht auch einmal zwei von vieren kommen dann unter. Die Überzähligen aber gehen fast immer dieselben sechs Wege. Erstens: Den Weg der Auswanderung beziehungsweise der unblutigen Kolonisation. [...] Zweitens: Der Weg in die Kriminalität. [...] Drittens: Der Weg zum Putsch. Er ist das Mittel der Wahl für junge Männer, die in der Armee ihre Chance suchen, dann aber in den Beförderungsstau geraten. Viertens: Der Weg zum Bürgerkrieg oder in die Revolution. Hierbei werden hohe Anteile der jungen Männer von begabten Anführern armeeartig organisiert. Fünftens: Der Weg in den Völkermord oder die Vertreibung. Minderheiten werden beseitigt, um ihre Positionen einnehmen zu können. Sechstens: Der Weg in den grenzüberschreitenden Krieg"
Nun bin ich mir nicht sicher, ob sich diese These in allen Punkten haltbar ist, in den Beitrag bringt Heinsohn aber eine beeindruckende Anzahl von historischen Beispielen, wo zu einer Zeit, in der dieser Youth Bulge vorhanden war, in den entsprechenden Gesellschaften diese Gewaltphänomene aufgetreten sind und auftreten (bspw. im Irak, in Afghanistan), aber auch Länder in denen es trotz ähnlicher politischer Situation dann doch erstaunlich "ruhig" bleibt, wie bspw. im Libanon heute, in Lateinamerika oder Nordafrika. Bspw. ist die Geburtenrate in Algerien von etwa 7 Kindern proFrau in den 60er und 70er Jahren auf etwa drei Kinder 2000 sowie unter 2 Kinder 2006 gefallen. Laut seiner These fehlt damit diesen Ländern in den darauffolgenden Jahrzehnten die entsprechend notwendige Menge an jungen und gewaltbereiten Männern.
Auf der anderen Seite haben deutsche Frauen um 1900-1915 etwa sechs Kinder aufgezogen, um dann 1920- "mit Gewalt nach ihren Chancen zu suchen".
Auf der anderen Seite haben deutsche Frauen um 1900-1915 etwa sechs Kinder aufgezogen, um dann 1920- "mit Gewalt nach ihren Chancen zu suchen".
Er zitiert Bouthoul, der in den 70er Jahren ebendiese Fragen aufgeworfen hat und nach etwas wie einem "Kriegsindex" sucht, also einer Verhältniszahl eben dieser Jungen Männer, die quasi einen gewaltsamen Konflikt geradezu unausweichlich werden lassen könnten. Diese Zahl als einer der bestimmenden Faktoren für Kriegshandlungen.
Ich muss zugeben, dass diese Argumentationslinie mir zunächst überzogen und unglaubwürdig geklungen hat, je länger ich den Argumenten zugehört habe umso nachdenklicher hat mich dieser Bericht jedoch gemacht. Vielleicht ist dieser "youth bulge" nicht der Faktor, aber ein viel wesentlicherer Faktor als es uns bisher bewusst war. Auch hier kommt wieder das Menschliche Problem zu tragen, dass wir nicht in der Lage sind, exponentielle Entwicklungen zu denken: Dies wird bewusst, als Heinsohn analysiert, wieviele "Kämpfer" den Deutschen und Amerikanischen Truppen in Afghanistan (oder im Irak) jährlich "nachwachsen", einfach aus der massiven Kinderzahl die dort nach wie vor geboren wird. Dies übt einen Druck aus, der vermutlich auch mit High-Tech Kriegsführung kaum zu bewältigen ist, wie ja der praktisch verlorene Krieg der Amerikaner im Irak schon jetzt zeigt.
Ich muss zugeben, dass diese Argumentationslinie mir zunächst überzogen und unglaubwürdig geklungen hat, je länger ich den Argumenten zugehört habe umso nachdenklicher hat mich dieser Bericht jedoch gemacht. Vielleicht ist dieser "youth bulge" nicht der Faktor, aber ein viel wesentlicherer Faktor als es uns bisher bewusst war. Auch hier kommt wieder das Menschliche Problem zu tragen, dass wir nicht in der Lage sind, exponentielle Entwicklungen zu denken: Dies wird bewusst, als Heinsohn analysiert, wieviele "Kämpfer" den Deutschen und Amerikanischen Truppen in Afghanistan (oder im Irak) jährlich "nachwachsen", einfach aus der massiven Kinderzahl die dort nach wie vor geboren wird. Dies übt einen Druck aus, der vermutlich auch mit High-Tech Kriegsführung kaum zu bewältigen ist, wie ja der praktisch verlorene Krieg der Amerikaner im Irak schon jetzt zeigt.
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