Kürzlich gab es auf SWR 2 wieder eine Sendung ("Wissen"), das sich mit dem Thema der "Elitenbildung" auseinandersetzt (Transkript, Stream | Podcast). In Deutschland scheint diese Diskussion schon seit einigen Jahren geführt zu werden, in Österreich ist die Brisanz wohl im Endeffekt dieselbe, nur wird meinem Gefühl nach weniger darüber gesprochen.
In der aktuellen Sendung prallen zwei gegensätzliche Meinungen aufeinander: einerseits Maximilan Ardelt, der Kuratoriumsvorsitzender der Bayerischen Eliteakademie in München ist:
"Wir haben Eliten, ob Sie das wollen oder nicht. Eliten sind halt Gestalter des Wandels, wenn Sie das mal akzeptieren als Definition: die wenigen, die halt besser sind, sei es auf der Leistungsseite, sei es als Machteliten, die da Macht haben eben, die sind immer da. Insofern ist es nicht die Frage, ob wir sie brauchen oder nicht brauchen, diese eins, zwei Prozent in der Bevölkerung: die sind da – so! Das Problem setzt eigentlich nicht ran, ob wir sie brauchen oder nicht brauchen, sondern, was die tun."
Meiner Ansicht nach ist dies eine richtige Feststellung und sollte sich auch in der (Aus)bildung entsprechend manifestieren. Es bleibt jedoch die Frage offen, ob "Ethik-Ausbildung" der vielleicht Kooperation mit Vorständen deutscher Unternehmer vermittelt wird, dem entspricht, was sich die Gesellschaft erwarten würde. Wollen wir (auch hier könnte man auf entsprechende Kritik Lissmanns verweisen) wieder nur "high potentials" (wie ja Neudeutsch diese Jungen Talente von denen sich die Industrie soviel erwartet genannt werden) ausbilden und auf ihre Positionen vorbereiten, sodass sie möglichst uniform in die entsprecheden "Schuhe" passen, oder wollen wir sie bilden (so unmodern dies zur Zeit zu sein scheint).
Wobei sich in diesem Zusammenhang gleich die nächste und aus meiner Sicht eigentlich wichtigere Frage stellt: wie definiert sich eigentlich die Elite? Und ich fürchte, dass wir hier wieder aus dem Moment der Ausbildung kommen: also diejenigen die stromlinienförmig dasjenige machen, was man heute machen muss, MBA zum Beispiel, dürfen sich "Elite" nennen (vermutlich weil sie genau das machen, was "wir" uns erwarten und wir mit keinerlei Überraschungen zu rechnen haben).
Diejenigen, die sich vielleicht weniger für Optimierung der human resources (d.h. Entlassungen) zum Wohle der Wirtschaft (d.h. zur Steigerung des shareholder values) interessieren, sondern möglicherweise eher ganzheitliche gesellschaftliche Entwicklungen im Auge haben und daher vielleicht Philosophie oder Soziologie studiert haben sind nach zeitgemässer Logik vielleicht Intellektuelle, eher gescheiterte Existenzen, vermutlich aber keine Eliten.
Diejenigen, die sich vielleicht weniger für Optimierung der human resources (d.h. Entlassungen) zum Wohle der Wirtschaft (d.h. zur Steigerung des shareholder values) interessieren, sondern möglicherweise eher ganzheitliche gesellschaftliche Entwicklungen im Auge haben und daher vielleicht Philosophie oder Soziologie studiert haben sind nach zeitgemässer Logik vielleicht Intellektuelle, eher gescheiterte Existenzen, vermutlich aber keine Eliten.
Vielleicht habe ich aber sogar mit meiner etwas düsteren Vermutung zu kurz gegriffen, denn auf der anderen Seite (im SWR 2 Bericht) steht Michael Hartmann, Professor für Soziologie an der TU Darmstadt, der seit Jahren untersucht, wer eigentlich in die sogenannten "elitären Zirkel" einlass findet:
"[...] dass in den Chefetagen deutscher Großunternehmen Bürgerkinder praktisch unter sich sind, also wir haben es jetzt für das Jahr 2005 noch mal untersucht - wieder die hundert größten deutschen Unternehmen. Und es hat sich seit 1970 fast nichts verändert: also der Anteil der Kinder aus den unteren 96 Prozent der Bevölkerung, also die ganzen Mittelschichten, Arbeiterschaft und so - ist von 16,1 auf 15,1 ein bisschen gesunken. Das einzige was sich ein bisschen deutlicher geändert hat: Der Anteil der Großbürgerkinder, also wo die Väter selbst schon Vorstandsvorsitzende waren oder Spitzenbeamte oder ähnliches, ist von 45 Prozent auf 50 Prozent gestiegen, das heißt: Es wird noch ein bisschen exklusiver. Ganz im Gegensatz zu den Ansprüchen, die man nach außen hin vertritt, ist es praktisch so, dass da Bürgerkinder unter sich sitzen."
Es würde mich wirklich interessieren, wie wir uns in Österreich dieser Problematik stellen?!