Mittwoch, 30. September 2009

Die unterschätzte globale Bedrohung? Organisiertes Verbrechen

Ich besuche gerade eine Konferenz zu nachhaltiger Entwicklung. In verschiedenen Vorträgen werden Bedrohungen unserer Gesellschaft und Umwelt diskutiert. Auch Korruption wird immer wieder als kritisches Problem thematisiert, das Bestrebungen zu nachhaltigerer Entwicklung behindert. Was mir dann zu denken gegeben hat ist nicht an sich die Tatsache, dass Korruption erwähnt wurde; dies ist ein wesentliches Problem, sondern vielmehr was vergessen wurde, nämlich organisierte Kriminalität. Glaubt man dem Vortrag von Misha Glenny (TED Talk) so hat das weltweite organisierte Verbrechen mittlerweile ein Volumen von 15 % der Weltwirtschaft angenommen. Damit ist das organisiserte Verbrechen eine enorme globale finanzielle Macht geworden.

Gerade in einer globalisierten Wirtschaft ist das Umgehen von Vorschriften leichter als je zuvor. Nun hat das organisierte Verbrechen viele hässliche Gesichter. Die Bilder, die den meisten von uns vermutlich als erstes vor Augen haben sind Frauenhandel und die damit verbunde illegale Prosititution, sowie den Drogenhandel. Weniger offensichtlich aber und (wie ich zynisch formulieren möchte) mit vermutlich viel größerem Potential für die Zukunft sind der Handel mit Resourcen sowie die "Abfallentsorgung".

Schon heute tragen illegale (nicht nachhaltige) Abholzungen wie in Indonesien oder vielen afrikanischen Ländern wesentlich zu einem dramatischen Verlust an Waldflächen und damit auch Zerstörung wertvoller Ökosysteme bei. Sie führt weiters zu erheblichen finanziellen Verlusten der betroffenen Länder z.B. durch Entgang an Steuern. Auch der Handel mit Diamanten oder bestimmten wichtigen Resourcen wie Coltan aus dem Kongo sind eng verflochten mit organisierter Kriminalität (gepaart mit Korruption).

Auch das andere Ende des Lebenszyklus wird immer stärker als lukratives Geschäftsfeld gesehen: Die "Entsorgung" von Abfall. Kürzlich hat ein Skandal in Italien in den Medien Wellen geschlagen. "Für uns bedeutet der Müll pures Gold" wird ein Mafioso zitiert (siehe FAZ). Das Modell ist einfach: Firmen in der Hand der Mafia kassieren Geld für die reguläre Entsorgung von Sondermüll. Statt ordnungsgemäßer Entsorgung wird der Sondermüll aber auf regulären Deponien verscharrt oder ins Meer gekippt.

Betrachtet man eine Zukunft in der (hoffentlich) erheblich höhere Kosten für ökologischer produzierte Resourcen (wie Holz oder Nahrungsmittel) sowie für anfallenden Müll bezahlt, bzw. die Regulative für Produktion und Entsorgung schärfer werden, so ergibt sich daraus natürlich ein stark steigender Anreiz für illegale Aktivitäten aller Art.

Bedenkt man weiters, dass der Kampf gegen illegale Kriminalität in den letzten Jahrzehnten bestenfalls von mässigem Erfolg gekrönt war, so lässt dies keinen sehr optimistischen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung zu. Besonders auch deshalb, weil dieses wichtige Thema weder in den Medien noch in internationaler Politik angemessen thematisiert wird (womit wieder die Verbindung zu Korruption interessante Fragen aufwirft).

Donnerstag, 10. September 2009

"Ausgesorgt" - oder "Die Tantiemen des Vaters"

In einem der letzten "Zeitzeichen" Podcasts (mp3) auf WDR5 wurde über den belgischen Autor Georges Simenon berichtet. Im Rahmen dieser Reportage wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass die Nachkommen Simenons heute noch gut von den Tantiemen aus dem Buchverkauf leben können.

Dies wurde in dieser Sendung nicht weiter vertieft, ist aber das eigentlich bemerkenswerte: Simenon ist im September 1989, also vor 20 Jahren gestorben. Er hat während seiner Lebenszeit eine Menge Geld mit seinen Büchern verdient, und das soll auch so sein. Wenn er nun seinen Nachkommen Geld hinterlässt so sei ihm dies ebenfalls unbenommen. Wofür ich allerdings keinerlei Verständnis aufbringen kann – und das ist für mich eine klares Versagen unseres Rechtssystems –, dass Kinder noch Jahrzehnte nach dem Tod des Schöpfers eines Werkes an dessen Verkauf verdienen.

Wodurch ist das begründet? Was genau ist die Leistung der Nachkommen? Hier wird Geld aus kreativer Leistung ausgeschüttet das in keinerlei Zusammenhang mehr mit dem Künstler, mit dem Schaffenden steht. Finanzielle Vergütung für eine schöpferische Leistung ist zur reinen Gelddruckmaschine verkommen. Man könnte auch das Beispiel Disney nennen. Auch hier ist der Schöpfer – Walt Disney – schon lange verstorben (1966) und dennoch wird auf Basis des Urheberrechtes Geld verdient. Im Falle von Disney werden immerhin neue Werke geschaffen; im Falle von Simenon nicht einmal mehr das.

Aus meiner Sicht ist das eine Perversion der Idee Kulturschaffenden die Möglichkeit zu geben – durch das Urheberrecht geschützt – an ihren Werken Geld zu verdienen. Natürlich ist es auch ein legitimes Ziel mithilfe des Urheberrechtes (und den dadurch gesicherten alleinigen Verwertungsrechten) zur Schaffung neuer Werke zu motivieren. All dies ist aber nach dem Tod des Künstlers, wie im Falle Simenons nicht mehr gegeben! Ich kann mir vorstellen, dass es gute Gründe geben kann die Urheberrechte noch einige wenige Jahre nach dem Tod aufrecht zu halten; beispielsweise um die Familie abzusichern. Eine Übertragung auf Firmen, und dies nach dazu auf Jahrzehnte hinaus, halte ich für untragbar und kontraproduktiv. Dies führt letztlich nur dazu, dass Innovation gehemmt, die Schaffung neuer Ideen blockiert wird.

Mit der Idee den Werkschaffenden Rechte und finanzielle Perspektiven zu geben hat dies mit Sicherheit nichts mehr zu tun. Heute stützen Urheberrecht und verwandte Rechtsnormen leider im wesentlichen schwerfällige innovationsfeindliche Großkonzerne. Ist es das was wir wirklich wollen? Ich denke, eine radikale Verkürzung von Urheberrechten würde Innovation stimulieren und gerade deshalb auch jungen Künstlern wieder neue Chancen geben.

Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)