Donnerstag, 10. September 2009

"Ausgesorgt" - oder "Die Tantiemen des Vaters"

In einem der letzten "Zeitzeichen" Podcasts (mp3) auf WDR5 wurde über den belgischen Autor Georges Simenon berichtet. Im Rahmen dieser Reportage wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass die Nachkommen Simenons heute noch gut von den Tantiemen aus dem Buchverkauf leben können.

Dies wurde in dieser Sendung nicht weiter vertieft, ist aber das eigentlich bemerkenswerte: Simenon ist im September 1989, also vor 20 Jahren gestorben. Er hat während seiner Lebenszeit eine Menge Geld mit seinen Büchern verdient, und das soll auch so sein. Wenn er nun seinen Nachkommen Geld hinterlässt so sei ihm dies ebenfalls unbenommen. Wofür ich allerdings keinerlei Verständnis aufbringen kann – und das ist für mich eine klares Versagen unseres Rechtssystems –, dass Kinder noch Jahrzehnte nach dem Tod des Schöpfers eines Werkes an dessen Verkauf verdienen.

Wodurch ist das begründet? Was genau ist die Leistung der Nachkommen? Hier wird Geld aus kreativer Leistung ausgeschüttet das in keinerlei Zusammenhang mehr mit dem Künstler, mit dem Schaffenden steht. Finanzielle Vergütung für eine schöpferische Leistung ist zur reinen Gelddruckmaschine verkommen. Man könnte auch das Beispiel Disney nennen. Auch hier ist der Schöpfer – Walt Disney – schon lange verstorben (1966) und dennoch wird auf Basis des Urheberrechtes Geld verdient. Im Falle von Disney werden immerhin neue Werke geschaffen; im Falle von Simenon nicht einmal mehr das.

Aus meiner Sicht ist das eine Perversion der Idee Kulturschaffenden die Möglichkeit zu geben – durch das Urheberrecht geschützt – an ihren Werken Geld zu verdienen. Natürlich ist es auch ein legitimes Ziel mithilfe des Urheberrechtes (und den dadurch gesicherten alleinigen Verwertungsrechten) zur Schaffung neuer Werke zu motivieren. All dies ist aber nach dem Tod des Künstlers, wie im Falle Simenons nicht mehr gegeben! Ich kann mir vorstellen, dass es gute Gründe geben kann die Urheberrechte noch einige wenige Jahre nach dem Tod aufrecht zu halten; beispielsweise um die Familie abzusichern. Eine Übertragung auf Firmen, und dies nach dazu auf Jahrzehnte hinaus, halte ich für untragbar und kontraproduktiv. Dies führt letztlich nur dazu, dass Innovation gehemmt, die Schaffung neuer Ideen blockiert wird.

Mit der Idee den Werkschaffenden Rechte und finanzielle Perspektiven zu geben hat dies mit Sicherheit nichts mehr zu tun. Heute stützen Urheberrecht und verwandte Rechtsnormen leider im wesentlichen schwerfällige innovationsfeindliche Großkonzerne. Ist es das was wir wirklich wollen? Ich denke, eine radikale Verkürzung von Urheberrechten würde Innovation stimulieren und gerade deshalb auch jungen Künstlern wieder neue Chancen geben.

3 Kommentare:

Cangrande hat gesagt…

Hallo Herr Schatten,

Sie schreiben (sehr oft) als wären Sie mein alter ego: exakt das, was ich denke.
Am geistigen Eigentum habe auch ich kürzlich (aus einer etwas anderen Perspektive und ohne damals Ihren Artikel zu kennen) herumgeknabbert; vgl. meinen Blott "Vom Bielefelder Universitätsgebäude zum psychedelischen Maybach Exelero. Kritik an der Hypertrophie der Rechte am Geistigen Eigentum" vom 30.12.09 - http://beltwild.blogspot.com/2009/12/vom-bielefelder-universitatsgebaude-zum.html.

Cangrande hat gesagt…

Im "Cicero" von 12/2009 ist ein interessanter Artikel über eine pervertierte Form von geistigem Eigentum erschienen:
"Skandal im Kunstbezirk" - http://www.cicero.de/97.php?ress_id=7&item=4482.

Alexander Schatten hat gesagt…

vielen Dank für den Hinweis!

Zum Abschluss...

Es freut mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mein Blog zu lesen. Natürlich sind viele Dinge, die ich hier diskutiere aus einem subjektiven Blickwinkel geschrieben. Vielleicht teilen Sie einige Ansichten auch nicht: Es würde mich jedenfalls freuen, Kommentare zu lesen...

Noch ein Zitat zum Schluß:

"Ich verhielt mich so, als wartete ein Heer von Zwergen nur darauf, meine Einsicht in das Tagesproblem, zur Urteilsfindung von Gesellschaft und Politik zu übersetzen. Und nun stellt sich heraus: Dieses Heer gibt es nicht.

Ganz im Gegenteil erweist sich das kulturelle Getriebe als selbstimmunisierend gegen Kritik und Widerlegung. Es ist dem Lernen feind und wehrt sich in kollektiver Geschlossenheit gegen Umdeutung und Innovation.", Rupert Riedl, Evolution und Erkenntnis, Piper (1985)

:-)